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Atomstrom lässt sich nicht mit Solarstrom ersetzen

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Der folgende Text ist am 21. September 2022 in der Aargauer Regionalzeitung „Die Botschaft“ in der Rubrik „Was mich beschäftigt“ erschienen.

Warum ist das eigentlich so schwierig zu verstehen? Strom aus Photovoltaik-Anlagen fällt erstens jede Nacht komplett aus. Zweitens liefern diese Anlagen im Sommer zu viel und im Winter viel zu wenig, und drittens ist der aktuelle Ertrag in jeder Stunde immer ein Vabanque-Spiel, das vom Wetter abhängt. Dagegen ist die Stromproduktion aus Kernkraftwerken erstens stetig und ohne Unterbrüche (Bandstrom), zweitens auf die saisonalen Verbrauchsbedürfnisse abstimmbar und drittens zuverlässig steuerbar. Sonnen- und Atomstrom sind also in ihrer Produktionsweise in keiner Weise vergleichbar.

Trotzdem behaupten fast alle Politiker, dass wir die Kernkraftwerke durch Solarpanels ersetzen können, so wie das auch die von uns genehmigte Energiestrategie 2050 vorsieht. Dabei operieren die Befürworter dieser Strategie mit Jahresgesamtrechnungen und mit Computermodellen, die auf allgemeinen Annahmen beruhen. So aber lassen sich die Mängel der Solarenergie verstecken: Schaut man nur auf die jährlich produzierte Strommenge, erfasst man nichts von der Flattereinspeisung der PV-Panels.  

Eine dieser Problematik angemessene Betrachtungsweise muss das Einspeiseverhalten möglichst zeitnah abbilden. Dafür gibt es bei den Betreibern der Stromübertragungsnetze Daten in Stundenwerten. Genau darauf baut eine in diesem Jahr erschienene Studie des an der ETH Zürich tätigen Professors für Unternehmensrisiken Didier Sornette auf.

Sornette und seine Kollegen vergleichen einen Winter- mit einem Sommermonat. Sie tun dies zuerst sowohl für den Verbrauch als auch für die gesamte Stromproduktion mit den Stundendaten von Januar und Juni 2017. Ausgehend von diesem realen Modell rechnen sie diese beiden Monate für das Jahr 2050 hoch, und zwar genau unter den von unserer Energiestrategie 2050 vorgegebenen Bedingungen: Der Verbrauch steigt um 37 Prozent, die Kernkraftwerke werden eliminiert und die Solaranlagen um das 20-fache ausgebaut. Die Wasserkraft lassen sie in der Menge unverändert, sie passen den Einsatz der Speicher- und Pumpspeicherwerke aber den neuen Gegebenheiten an.

Das erschreckende Resultat: Im Januar 2050 müssen 69 Prozent des Stroms importiert werden. Weil die PV-Panels in dieser Zeit nur einen minimalen Ertrag haben, der nicht einmal ausreicht, um die Nachtlücken zu füllen, und weil auch die Flusskraftwerke zuwenig liefern, müssten wir mehr als zwei Drittel unseres Verbrauchs mit Importstrom decken. Das ist aber auf jeden Fall nicht machbar. Selbst wenn wir den Überschussstrom aus dem Juli in den Januar speichern könnten – was bis heute wegen den grossen Verlusten viel zu teuer ist – würde das nur gut acht Prozent des Januar-Defizits decken.

Mit der überall propagierten Substitution der Kernkraftwerke durch Solarpanels würden wir uns also im Winter eine nicht mehr zu stopfende Stromlücke einhandeln. Und dies notabene bei einem 20-fachen Ausbau der Solaranlagen, der zu einem Jahresertrag führt, der deutlich grösser ist, als was die heutigen Kernkraftwerke liefern. Aber eben – Sie erinnern sich – , erst die Analyse mit Stundendaten zeigt, wie wenig Strom aus all diesen Panels in einem sonnenarmen Wintermonat kommt.

Wachen wir endlich auf und korrigieren wir die Energiewende: Wir brauchen neben der Wasserkraft dringend die Kernkraftwerke, sonst droht im Winter ein Strom-Blackout.

5 Kommentare zu “Atomstrom lässt sich nicht mit Solarstrom ersetzen

  1. Arturo Romer
    Arturo Romer

    Ein sehr guter und wichtiger Beitrag. Die Zukunft kann nicht nur photovoltaisch sein. Wir brauchen auch Bandenergie. Die Abhängigkeit von einer einzigen Technik, von einem einzigen Rohstoff, oder von einer einzigen Energiequelle kann riskant sein (siehe z.B. die heutige katastrophale Erpressung mit der Lieferung von Erdgas aus Russland). Wir brauchen einen nachhaltigen Energiemix, bestehend aus erneuerbaren und nuklearen Energiequellen. Zu diesem Mix gehört selbstverständlich auch die Photovoltaik. Letztere hat während der letzten 30 Jahre technisch und ökonomisch erstaunliche Fortschritte gemacht. Doch auch im Rahmen der Kernenergie haben die Forschung und die Technik während der letzten 30 Jahre nicht geschlafen (fragen Sie z.B. Frau Professor Annalisa Manera, ETHZ). Kernreaktoren der Generationen III und IV befinden sich weltweit schon oder nächstens im Bau. Sie sind sicher, effizient, ökologisch und bald auch ökonomisch. Mit Kernreaktoren wie z.B. dem künftigen Thorium-Reaktor (inkl. Beschleuniger) wird auch das Problem der “Entsorgung des radioaktiven Abfalls” effizient, verantwortbar und sicher gelöst sein. Nein zur Verteufelung der modernen Kernenergie, ja zur seriösen Forschung in jedem Energiebereich. Ja zu seriösen und vollständigen Energie- und Ökobilanzen!

    • Guntram Rehsche
      Guntram Rehsche

      Wie falsch und veraltet die Argumentation ist, zeigt die folgende simple Aufstellung:
      – Kurzfristig (vom Tag in die Nacht) lässt sich Solarstrom schon länger und problemlos speicher, nämlich durch Batterien (In Deutschland werden unterdessen kaum noch Solaranlagen für Ein- und Mehrfamilienhäuser ohne Batterien verkauft!). Der Selbstversorgungsgrad mit Elektrizität lässt sich so von rund 30 auf rund 60% steigern. Hinzu kommt die künftig voraussichtlich boomende Verwendung von Autobatterien sowohl als Speicher für den Hausgebrauch wie auch für Regelenergie der EW’s.
      – Mittelfristig (bis zu zwei Wochen) kommen auch die grösseren bereits vorhandenen Speicher ins Spiel, insbesondere Pumpspeicher. Nicht umsonst fordert der VSE ja derzeit zum Stomsparen auf, damit Wasserkraft vorgehalten werden kann.
      – Langfristig (vom Sommer in den Winter) bestehen zweifellos die grössten Probleme. Abhilfe schaffen einerseits der Zubau von PV in den Bergen, was mangelnde Stromerzeugung im Winter ausgleichen kann. Sodann gilt auch hier das zuvor erwähnte Sparargument und schliesslich sind die Speicher zu vergrössern (Speicherseen) sowie neue Technologien anzuwenden (bereits vorhanden – zusammengefasst unter Power to X).

      • Markus Saurer

        Ich hoffe nur, das Guntram Rehsche im Jahr 2050 immer noch über Energie bloggen wird…

      • Torsten Gürges
        Torsten Gürges

        Sehr geehrter Herr Rehschke,

        bezüglich Power to X habe ich bereits in einem früheren Kommentar auf den schlechten Wirkungsgrad und die damit verbundenen Kosten (die in grossem Stil nicht bezahlbar sind!) hingewiesen. Wenn Sie das wollen, geht es technisch. Da haben sie recht. Zu welchem Preis (damit meine ich nicht nur finanziell) ist eine andere Frage.
        Zum Thema Akkus in Häusern: Schauen sie sich den Preis pro kWh (und pro kW Leistung) an. Für Leute, die Geld haben und sich um Rentabilität nicht scheren geht das. Für alle scheitert es an den Kosten. Zudem macht der Haushaltsstrom nur einen Teil der benötigten elektrischen Energie aus. Oder wollen Sie die Industrie abschaffen? Dann sollten sie das kommunizieren.
        Zum Thema Pumpspeicher: Die derzeitige Kapazität aller(!) Pumpspeicher der Schweiz liegt nach Schätzungen des Schweizerischen Wasserwirtschaftverbandes bei ca. 240 GWh (Nant de Drance bereits eingerechnet).
        Ich muss nicht alles vorrechnen. Nur als Hinweis.: Der heutige Strombedarf der Schweiz liegt an einem Wintertag(!) bei durchschnittlich(!) (keine Extremwerte) bei 180 bis 190 GWh…
        Da sind zukünftige Steigerungen (Elektromobilität, Wärmepumpen…) noch nicht eingerechnet.
        Letztlich: Ausgerechnet Deutschland als Positivbeispiel zu wählen ist doch sehr fragwürdig.

  2. Irene Aegerter
    Irene Aegerter

    Um die Energiewende zu korrigieren und das Verbot von Rahmenbewilligungen für neue Kernkraftwerke zu streichen, unterschreiben Sie die Initiative „Jederzeit Strom für alle (Blackout stoppen)“: http://www.blackout-stoppen.ch.
    Mit Flatterstrom aus Sonne und Wind kann die Stromversorgung im Winter nicht sichergestellt werden, da kann man noch so viel zubauen. Das sieht man in Deutschland drastisch, wo die Kernkraftwerke durch Kohle- und Gaskraftwerke ersetzt wurden und der Klimaschutz auf der Strecke blieb und man sich erst noch in die Abhängigkeit von Putin begab. Die Aargauer werden sich noch wundern, welchen Lärm und wieviel Abgase die mobilen Ölturbinen ausstossen. Wäre das Kernkraftwerk Mühleberg nicht ausser Betrieb genommen worden, wäre dies nicht nötig gewesen.

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