Homo Sapiens Politik

Botschaftsasyl

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Die Hoffnung bleibt.
Es geht nicht darum, die Grenzen zu Europa zu schliessen, sondern darum, die Migrationsbewegungen mit allen Mitteln auf eine legale Basis zu bringen. Wer ein offizielles Gesuch auf einer Botschaft einreicht, soll in einem klar geregelten Verfahren Asyl gewährt bekommen oder abgelehnt werden. Damit dieser rechtsstaatliche Prozess aber seine volle Wirksamkeit entfalten kann, müssen alle illegalen Einwanderungsversuche so konsequent wie möglich unterbunden werden: Alle Schlepperboote aus Afrika müssen von europäischen Schiffen zurückgezwungen werden, und alle Illegalen, die trotzdem bis nach Lampedusa gelangen, müssen ohne Ausnahme zurückgeschafft werden. Nur so kann sich in den Herkunftsländern die Botschaft verbreiten, dass das Schleppergeld gänzlich herausgeworfenes Geld ist, und die tödlichen Gefahren, in die man sich begibt, nicht zum Ziel führen. Und nur unter diesen Voraussetzungen kann den Schleppern das tödliche Handwerk gelegt und können die legalen Asylbewerber den illegalen vorgezogen werden.
Leider hat TA-Redaktor Sandro Benini in seinem Leitartikel diesen wohl einzig möglichen Ausweg (Australien) mit der ideologischen Verbrämung des Rechtskonservatismus als abwegig bezeichnet und kommt so – folgerichtig – zum Schluss, dass es keine Lösung für dieses Problem gibt. Schon allein deshalb ist es besser, den oben skizzierten Weg zu gehen – dann kann man wenigstens die Hoffnung auf eine gerechtere Migrationspolitik behalten.
(Leserbrief im Tages-Anzeiger vom 28. April 2015)

3 Kommentare zu “Botschaftsasyl

  1. Helmut

    Das Gemeine an unserem „Asylsystem“ ist die Tatsache, dass der illegal vorgehende Emigrant belohnt wird (anerkannter Flüchtling oder vorläufig Aufgenommener) und derjenige der sich an die Regeln hält relativ früh scheitern wird.

    Angela Merkel hat mit ihrem Ruf „Alle sind willkommen“ die sich anbahnende Völkerwanderung noch angeheizt. Auch die CH-Politik sendet falsche Signale aus. Mit der heutigen digitaltechnischen Vernetzung verbreiten sich solche Botschaften in Sekunden um die ganze Welt.

  2. Leila Pfister
    Leila Pfister

    Lieber Martin

    denkst Du immer noch so, tatsächlich? ich bin mehr als schockiert über so viel Naivität, deren Konsequenz, in die Tat umgesetzt, genausoviel -oder noch mehr- tödliche Folgen haben kann als die immer noch anhaltende mangelhafte Tatkraft, halbherzige Unterstützung und halbherzige Zurückweisungs/Einschränkungsversuche-Politik, die die EU derzeit pflegt…

    ich lebe mit einem Mann zusammen, dies nur so als Beispiel, der, wäre er offizielle Wege gegangen, kein Asyl erhalten hätte, da er zu 99% aus offizieller Sicht nicht als asylberechtigt betrachtet worden wäre; tatsächlich war die Situation aber so, dass er in seinem Land in den Krieg ziehen hätte müssen, um auf seine Freunde zu schießen und/oder sich von ihnen erschießen zu lassen.

    abertausende solcher Fälle würden durch Dein oben beschriebenes Netz fallen, lieber Martin, von den noch direkt sichtbareren Folgen der (nachweislich „leider“ IN KEINER WEISE abschreckend wirkenden – WAS soll von Krieg&Tod bedrängte Menschen noch abschrecken von der -sowieso geringen- Hoffnung, in den von Krieg und Armut VERSCHONTEN Ländern könnte ja vielleicht doch ein etwas besseres Leben winken??? Armut, Tod und Krieg ’schreckt‘ sie ja bereits ‚ab‘ vor einem Leben in ihrer HEIMAT) von Dir Beschriebenen ‚Zurückdrängung der Schlepperboote‘. das wäre wohl kaum anders als mit Waffengebrauch oder auch sonst unvermeidbarem massivem ‚kollateralen Schaden‘ (ein wunderbar neutraler Begriff für Massen toter Unschuldiger!) möglich. alles andere zu behaupten, ist mehr als blauäugig und verantwortungslos. 
    und wir, hier, auf unseren bequemen Sofas (und, so ganz nebenbei, in der LUXURIÖSEN Situation, zu unserem Lebensunterhalt gar das Musikmachen ausüben zu dürfen und so bereits unseren persönlichen Beitrag zur Völkerverständigung und Weltverbesserung zu machen), satt, und in bisher friedlicher, bürokratisch besiegelter Sicherheit, wir sind gewiss NICHT in der Position, darüber zu urteilen, wer sonst auf dieser Welt aufgrund glücklicher Umstände (z.B.noch im Besitz eines Passes/einer nachweisbaren Herkunft und ‚das große Glück‘ zu haben, nachweislich Opfer einer von offizieller Seite her akzeptablen Bedrohung zu sein) zufällig noch Anspruch auf Schutz, auf Lebensunterhalt, auf GLÜCK zu haben hat….! Wer sind wir, das beurteilen zu können, zu dürfen? da hört es bei mir schon auf. alles andere ist Überheblichkeit des vom Schicksal Privilegierten.

    ich weiß aus vielen Fällen in meinem näheren und weiteren Umfeld, wie mit Asylanträgen umgegangen wird, wie träge die Mühlen des Gesetzes mahlen, wie blind Justizia ist. Dein Netz der Botschaftsanträge würde wohl bereits unter der Belastung der ‚berechtigten‘ Anträge reißen, und selbst wenn es standhielte, würden viel zu viele an Leib und Leben bedrohte Menschen hindurchfallen.

    Gedanken und Statements wie Deinen obigen Leserbrief kann und will ich als Mensch, und v.a. auch als (wie Du) international tätige Musikerin, weder nachvollziehen noch gutheissen. Herzliche Grüße, Leila

    • martin.schlumpf
      martin.schlumpf

      Liebe Leila
      Du bist schockiert über meine grosse Naivität, nennst mich blauäugig und verantwortungslos und willst meine Gedanken nicht nachvollziehen. Trotzdem möchte ich dir schreiben, warum ich diese Haltung habe.
      Wir sind uns sicherlich darüber einig, dass wir beide an Leib und Leben bedrohten Menschen, also Flüchtlingen aus Ländern mit Kriegen oder Naturkatastrophen, so weit wie möglich helfen möchten!
      Daneben aber gibt es diejenige Menschengruppe, die kommen möchte, weil sie bei uns ein besseres Leben erwartet, sog. Wirtschaftsflüchtlinge also.
      Und selbstverständlich durchmischen sich diese beiden Gruppen, sodass die Grenze dazwischen unscharf ist.
      Meine Veranlassung den Leserbrief im Tagi zu schreiben ging damals von meiner Betroffenheit über eine Berichterstattung über die Schlepperbanden aus, die die Not der Menschen in Afrika schamlos ausnützen.
      Und ich bin immer noch der Meinung, dass es nur zwei Auswege aus diesem Dilemma gibt, entweder man öffnet die Grenze zu Europa ganz oder man verschliesst sie vollständig vor illegalen Einwanderern.
      Natürlich stellt sich so die Frage: Ist es überhaupt statthaft, eine Unterscheidung von legalen und illegalen Asylbewerbern zu machen?
      Du verneinst diese Frage vehement. Die Konsequenz daraus aber ist, dass der Flüchtlingsstrom in ein Zielland unkontrollierbar wird. Ein solcherart ungesteuertes Vermischen fremder Lebenskulturen mit der unseren enthält aber grosses Konfliktpotential, und jeder autonome Staat dieser Welt lässt das nur bis zu einem gewissen Grad zu.
      Und jetzt bin ich an dem Ort, der mir der wichtigste scheint: beim Staat.
      Bei der Frage wer legal oder illegal in unser Land einreisen kann, können du und ich sehr unterschiedlicher Meinung sein, durchaus beide auch zu recht. Aber so lösen wir dieses Problem nicht, es muss eine Instanz geben, die hier entscheidet. Und bei uns ist das der demokratische Staat, der auf der einen Seite mit der Justiz die Regeln vorgibt und auf der andern Seite diese auch im Notfall mit Gewalt durchsetzen kann.
      Ja, auch ich kritisiere manchmal meinen eigenen Staat. Aber mir ist – vor allem seit der Lektüre des Buches „Gewalt“ von Steven Pinker – die generell friedensstiftende Funktion eines demokratischen Staates sehr bewusst geworden (Es ist sehr eindrücklich, wie in diesem Buch die Staatenbildung, die vor etwa 5000 Jahren eingesetzt hat, zu einer ersten grossen Welle der Gewaltverminderung in der menschlichen Geschichte geführt hat).
      Wenn wir (und die EU) nun aber unsere eigenen Gesetze nicht mehr einhalten, gefährden wir diese friedensbildende Funktion des Staates. Deshalb sollten wir, meiner Meinung nach, so gut wie möglich zwischen legalen und illegalen Asylbewerbern unterscheiden, so wie dies in der Asylgesetzgebung festgehalten ist (natürlich kann man diese Bestimmungen auch wieder verändern).
      Wichtig ist auch noch, dass nur die Aufnahmeländer überhaupt in der Lage sind, verbindliche Regeln über die Migration aufzustellen und durchzuführen. Die Herkunftsländer können ihren Bürgern nicht verbieten, das Land zu verlassen und verlieren so möglicherweise einen guten Teil ihres geistigen und wirtschaftlichen Potentials (was nicht in unserem Interesse ist).
      Eine unkontrollierte Einwanderung würde aber auch grosse ökonomische und soziale Konflikte produzieren: in unserem gut ausgebauten Sozialsystem und in dem, was man als „Gemeinschaftsgefühl“ einer Nation (eines Staates) bezeichnen kann. In beiden Bereichen gibt es einen Punkt, an dem die Systeme zu kippen beginnen, d.h. wenn zu viele Zugewanderte von unseren Sozialleistungen nur profitieren und Einheimische realisieren, dass ihre durch eigene Arbeit erbrachten Erträge für ihr Alter nicht mehr gesichert sind (Generationensolidarität), oder dass Bürgerinnen und Bürger zunehmend das Gefühl bekommen, die Pflichten, die aus einem „Nationengefühl“ entspringen, nicht mehr erfüllen zu wollen.
      Um dies zu verhindern, müssen autonome Staaten Gesetze über die Zahl und die Art und Weise der Einwanderung beschliessen, und sie müssen darüber befinden, wer legal berechtigt ist, in dieses Land zu kommen.
      Dies ist für mich am differenziertesten beschrieben im Buch „Exodus“ des Oxford-Ökonomen und Armutsforschers Graham Collier.
      Und nun zur Situation im Mittelmeer. Heute ist es so, dass man hier (und mittlerweile sogar an andern Orten) nur mit Hilfe von Schleppern eine Chance hat, Europa zu erreichen. Das heisst zuerst, da es viel Geld braucht, dass sicher nicht die wirklich Bedürftigsten diese Reise unternehmen können. Und es heisst weiter, dass auch alte Leute, Frauen und Kinder benachteiligt sind. Und es heisst schliesslich, sich in die Hände von skrupellosen Kriminellen zu begeben, denen das Leben und Wohlergehen dieser Flüchtlinge völlig gleichgültig ist, und die mit ihrem Geld teilweise sogar Rebellen in Afrika unterstützen.
      Solange wir (Europa) das zulassen – und wir sind die Einzigen, die etwas dagegen unternehmen können – tolerieren wir indirekt eine Vorselektion der Migranten, die fraglos ungerecht ist, und erst noch sogar alle der in diesem Prozess Privilegierten einer Todesgefahr aussetzen.
      Deshalb meine ich, dass der einzige Weg dies zu ändern darin besteht, die Schlepperboote ab einem bestimmten Zeitpunkt systematisch abzufangen und entweder zu ihrem Ursprungsort zurück zu eskortieren, oder allenfalls die Illegalen in Lagern festzuhalten, mit der einzigen Option, früher oder später wieder zurückzukehren.
      Ja, das ist eine brutale Methode, die allerdings vielleicht sogar im Gegenzug das Ertrinken durch Kentern einiger Boote verhindern könnte, indem eine grössere EU-Flotte das Mittelmeer sichern müsste.
      Das einzige Ziel einer solchen Aktion aber müsste sein, dass sich in kurzer Zeit (und dank Handy-Kommunikation sollte das möglich sein) herumsprechen würde, dass dieser Weg nicht mehr zum Ziel führt, und dadurch die Schlepper ausgeschaltet würden.
      Selbstverständlich aber müsste das begleitet sein vom Auf- und Wiederausbau von Botschaften/Asylzentren in den Herkunftsländern, wo sich alle, auch die wirklich Bedürftigen, alte Leute und Frauen gleichermassen um Asyl bewerben können.
      Es mag sein, dass du recht hast, mich wegen solcher Vorstellungen, naiv zu nennen, aber ich sehe keine andern Massnahmen, die Erfolg versprechender oder realistischer sind.
      Ich bin mit dir auch ganz einverstanden, dass wir in unglaublichem Wohlstand und relativem Frieden leben, wofür wir zuerst einmal nichts können, dann aber durch unser Leben ein kleines Bisschen dazu beitragen ob diese erhalten bleiben können oder ob sie gefährdet sind.
      Dabei geht es für mich nicht darum, ob ich das Recht habe, über andere zu urteilen, sondern darum, ob ich etwas dazu zu sagen habe, ob ich mein Lebensumfeld mit andern teilen möchte, und wie die Bedingungen dafür geartet sein müssen.
      Das ist jetzt etwas lang geworden, und du siehst, ich bin viel mehr auch der Stratege, währenddem du sozusagen die direkt vor Ort Engagierte und auch Betroffene bist.
      Bitte nimm meine Erläuterungen nicht als Flucht vor Betroffenheit und Hilfswillen: dass wir hier über ein schlimmes Thema menschlicher Sorgen und Nöte sprechen, ist mir immer bewusst gewesen.
      Ich wünsche dir viel Kraft in deinem Engagement und hoffe, dass du meine Worte in Ruhe bedenken kannst.
      Mit herzlichen Grüssen
      Martin

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