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Dank Kohle, Öl und Gas sterben weniger Kinder

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Der Originalbeitrag ist als „Schlumpfs Grafik 70“ im Online-Nebelspalter vom 17. April 2023 zu lesen.

Vielleicht irritiert Sie dieser Titel: Wie kann es sein, dass mit der Anwendung fossiler Energie etwas Gutes bewirkt werden kann? Überall wird uns doch eingetrichtert, dass die CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energien eine Klimakatastrophe herbeiführen werden, weil die Folgen der Erderwärmung, die so verursacht wird, nicht mehr beherrschbar seien.

Ganz ausser Acht gelassen wird dabei aber, dass seit dem Beginn der weltweiten Verbreitung fossiler Energieträger um 1850 eine Entwicklung der Lebensbedingungen der Menschheit eingesetzt hat, die ohne Beispiel ist: Die Lebenserwartung bei Geburt ist heute doppelt so hoch, der materielle Wohlstand ist enorm gewachsen, Hungersnöte sind verschwunden, das Bildungsangebot und die medizinische Betreuung sind viel besser, et cetera – und all das hat dazu geführt, dass heute etwa sechsmal mehr Menschen auf dieser Erde leben.

Was wichtig ist:

– Die Kindersterblichkeit hat in den letzten 170 Jahren um 90 Prozent abgenommen.
– Davor starb im Schnitt jedes zweite Kind, bevor es erwachsen wurde – praktisch überall.
– Dieses grauenhafte Schicksal konnte erst mithilfe des Einsatzes von Kohle, Öl und Gas überwunden werden, die aber für einen stark steigenden CO2-Ausstoss verantwortlich sind.

Ich wähle in diesem Beitrag die Geschichte der Kindersterblichkeit. Das ist für mich das eindrücklichstes Beispiel für den enormen Fortschritt, den wir seit 1850 gemacht haben: Der Verlust eines eigenen Kindes gehört sicher zum Schlimmsten, was einem Menschen zustossen kann. Den Rückgang der Kindersterblichkeit stelle ich neben die Entwicklung der CO2-Emissionen im gleichen Zeitraum.

Seit 1950 sind die CO2-Emissionen explodiert

Die erste Grafik zeigt den weltweiten jährlichen CO2-Ausstoss, der von der Verbrennung fossiler Energien und von allen industriellen Prozessen stammt. Die Grafik ist der Webseite «Our World in Data» entnommen (siehe hier), wo langfristige Datenreihen über die verschiedensten Themen gesammelt und interaktiv grafisch dargestellt werden. Das Zeitfenster reicht von 1750 bis 2021. 

Quelle: Our World in Data

Die Erkenntnis aus der Grafik ist einfach: Um 1850 beginnen die Menschen, immer grössere Mengen an COin die Atmosphäre zu emittieren. Bis 1950 wuchs der jährliche Ausstoss auf fünf Milliarden Tonnen Kohlendioxid noch moderat. Danach explodiert die Kurve förmlich und erreicht nach weiteren 70 Jahren die Marke von 36 Milliarden Tonnen – siebenmal mehr als 1950.

Seit einiger Zeit haben aber viele Länder deklariert, dass sie in weniger als 30 Jahren auf «Netto-Null-CO2» kommen wollen. Wie unrealistisch das im Weltmassstab ist, kann aus dieser Grafik herausgelesen werden: Wir befinden uns noch nicht einmal in einer gesicherten Abwärtsbewegung. Der kurze Stopp der letzten drei Jahre wegen der Corona-Pandemie ist 2022 bereits wieder übertroffen worden (in der Grafik nicht mehr sichtbar).

Bis 1850 starb jedes zweite Kind

Schauen wir jetzt auf die Kindersterblichkeit. Ich verwende dafür die Daten für den Anteil an Kindern, die gestorben sind, bevor sie das Erwachsenenalter erreicht haben – das heisst, bevor sie etwa fünfzehnjährig wurden. Die nächste Grafik – ebenfalls von «Our World in Data» – zeigt die Entwicklung dieser Kindertodesrate über die letzten 2500 Jahre (siehe hier).

Quelle: Our World in Data

Die Botschaft dieser zweiten Grafik ist ebenso einfach wie diejenige der ersten: Bis ins 19. Jahrhundert hinein starb im Schnitt die Hälfte aller Kinder, bevor diese 15 Jahre alt wurden. Das ist für mich als Vater zweier Söhne und als Grossvater von vier Enkelkindern, deren Leben nie in Gefahr war, völlig unvorstellbar.

Rückgang der Kindersterblichkeit um 90 Prozent

Dass wir für die Periode der letzten 2500 Jahre überhaupt etwas zum Thema Kindersterblichkeit wissen, ist erst der Forschung im 21. Jahrhundert zu verdanken. Die wichtigste Studie dazu wurde von Volk/Atkinson 2013 publiziert (siehe hier). Das Erstaunliche ist dabei: Sowohl Untersuchungen zu Jäger und Sammler-Gesellschaften als auch solche zu sesshaften Kulturen (an den verschiedensten Orten und in den verschiedensten Epochen bis zum Jahr 1850) führen zu ähnlichen Resultaten: Die Kindertodesrate oszilliert um 48 Prozent, mit geringen Abweichungen (dicker roter Strich).

Und dann – um 1850 herum – setzt plötzlich eine nie dagewesene Entwicklung ein: Bis 1950 sinkt die Kindersterblichkeit auf 27 Prozent. In den 70 Jahren seither erfolgt sogar eine fulminante Reduktion auf nur noch vier Prozent. Insgesamt hat sich die Situation um sage und schreibe 90 Prozent verbessert. Andrerseits ist ebenso klar: Auch wenn jetzt nur noch jedes 25. Kind stirbt und nicht jedes zweite, ist das immer noch zu viel.

In der Schweiz stirbt noch jedes 200. Kind

Schliesslich zeigt die Grafik auch die grossen Differenzen auf, die im Jahr 2020 bestanden: Während die besten Ländern wie Island oder Japan eine Kindersterblichkeit von gerade mal 0,3 Prozent hatten, lag diese beim Schlusslicht Somalia bei immer noch hohen 14 Prozent. Die Schweiz lag leicht unter 0,5 Prozent – das heisst, dass bei uns jedes 200. Kind stirbt, bevor es erwachsen ist. Insgesamt handelt es sich um unglaubliche Fortschritte. Und es fällt auf, dass die Kindersterblichkeit dort am grössten ist, wo eine besonders grosse Energiearmut herrscht.

Dank der enormen Erweiterung der Energiepalette konnten die Lebensbedingungen einer sehr grossen Zahl von Menschen stark verbessert werden.

Wenn wir nun beide Grafiken nebeneinander halten, sehen wir eine perfekte zeitliche Korrelation zweier Entwicklungen, die ab 1850 mit zunehmender Geschwindigkeit eingesetzt haben. Gibt es daneben auch einen inhaltlichen Zusammenhang?

Mit den Fossilen bekommt der Mensch viele «Arbeitssklaven»

Wie im Titel dieses Beitrages angetönt, bin ich überzeugt, dass hier ein kausaler Zusammenhang existiert. Und zwar in der Art, dass seit dem Aufkommen der Kohle ab 1850 eine vorher nie erlebte Ausweitung der menschlichen Arbeitskraft möglich wurde, die bis anhin stark beschränkt war: Mit der Verbreitung der Dampfmaschine, sei es in der Fabrik oder im Verkehr, konnten zum ersten Mal energetische Grenzen überschritten werden, die in der gesamten Vorzeit unüberbrückbar waren.

Und mit der Erweiterung der Energiepalette mit Rohöl und Erdgas wurde diese Entwicklung ab der Mitte des 20. Jahrhunderts nochmals massiv verstärkt: Fast in jedem wichtigen Lebensbereich waren die fossilen Energien dafür verantwortlich, dass nun mehr und immer spezifischer produziert werden konnte und immer neue Dienstleistungen entstanden: Bildlich ausgedrückt: Jeder Mensch hat nun im Schnitt eine ganze Reihe von «Arbeitssklaven» zur Verfügung –  mehr als jeder Sonnenkönig zuvor.

In industriellen Prozessen, im Verkehr und im Wärmebereich wurde fossile Energie fast unersetzlich. Aber auch in der Elektrizitätserzeugung, die immer mehr aufkam, sind die Fossilen bis heute dominierend. Dank dieser enormen Erweiterung der Energiepalette konnten die Lebensbedingungen einer sehr grossen Zahl von Menschen stark verbessert werden. Unter anderem sterben deshalb seither die Kinder nicht mehr in Scharen.

3 Kommentare zu “Dank Kohle, Öl und Gas sterben weniger Kinder

  1. Konrad Kugler
    Konrad Kugler

    Wo ist die Logik?
    DE = 1 % der Weltbevölkerung, 2 % Anteil an „Klimagasen“.
    CH = ? ?
    Polen will 6 KKW bauen, ok. Cihna und Indien bauen Kohle- und KKW in großen Zahlen.
    DE spinnt.

    • Konrad Kugler
      Konrad Kugler

      Coronapandemie = behauptet, nur zur Durchsetzung der Massenspritzung zur Verringerung der Menschheit organisiert.
      Klimawandel = behauptet, Verteufelung von CO2 (0,04 % in der Atmosphäre). CO2-Verhinderung ist gegen die Menschheit gerichtet. Dieses Spurengas ermöglicht das Pflanzenwachstum. Nur in einem Gärkeller ohne Entlüftungsanlage ist CO2 gefährlich.
      Es wird sogar über künstliche Lebensmittelverknappung spekuliert.
      Was stand auf den Georgia Guide Stones, auf die man einen Anschlag organisiert hat, damit man sie unauffällig beseitigen konnte: „Halte die Menschheit unter 500 Millionen.“ Hat das etwas mit Logik zu tun?

  2. Arturo Romer
    Arturo Romer

    Herr Prof. Martin Schlumpf sagt die Wahrheit. Ohne fossile Energie hätte es seit der Entdeckung der Dampfmaschine (James Watt, 1769) weltweit keine Entwicklung und keinen Fortschritt gegeben. Die Forschung, das Wissen und die Entwicklung ganz allgemein wären ohne die Verwendung der fossilen Energien seit James Watt immer noch auf dem Stand des Mittelalters. Es gab damals technisch keine Alternativen. Zudem fehlte in Sachen Energie und Umwelt das Wissen. Herr Schlumpf macht mit seinem Beitrag sicher keine Propaganda für den weiteren grenzenlosen künftigen Einsatz fossiler Energie. Er stellt nur fest! Tatsächlich beträgt der fossile Anteil des weltweiten Primärenergieverbrauchs seit Jahrzehnten immer noch rund 80%. Auch heute würden unglaublich viele Menschen/Kinder ohne die erwähnten 80% fossiler Primärenergie sterben. Der Klimawandel ist eine Tatsache! Es ist daher richtig und notwendig, dass die Menschheit Lösungen für eine CO2-freie Energieversorgung sucht (dazu gehört auch die moderne Kernenergie). Dies braucht jedoch noch viel Zeit, viel Forschung, viel Entwicklung und viel Geld. Die sehr kleine Schweiz macht mit Verantwortung ernsthaft am Kampf gegen den Klimawandel mit. Alleine kann sie nichts verändern!

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