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Die Energiebilanz von Solarstrom ist miserabel

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Der Originalbeitrag ist als „Schlumpfs Grafik 54“ im Online-Nebelspalter vom 5. September 2022 zu lesen.

Überall hören wir jetzt, dass die Solarenergie gefördert werden soll, damit wir unsere Energiewende doch noch richtig hinkriegen. Die Umweltkommission des Ständerates hat vor einigen Tagen beschlossen, dass Solaranlagen in den Alpen, wie etwa Gondo Solar oder Grengiols Solar, viel einfacher und schneller gebaut werden sollen.

Bei dieser Euphorie geht aber schnell vergessen, dass die Energiebilanz, also das Verhältnis zwischen investierter Energie und Energieertrag bei Fotovoltaik-Panels sehr schlecht ist.

Was wichtig ist:

  • Das Verhältnis zwischen gewonnener Energie und investierter Energie ist eine wichtige Kennzahl für die Wirtschaftlichkeit von Energieanlagen.
  • Wirtschaftlich sind Energieanlagen bei denen dieses Verhältnis mindestens 5 beträgt.
  • Bei Fotovoltaikanlagen in der Schweiz beträgt dieses Verhältnis nur rund 1 – ein verheerendes Resultat.

Diese Energiebilanz, die als «Energy Return on Energy Invested» (EROI) bezeichnet wird, spielt vor allem dort eine Rolle, wo es um die Abschätzung geht, ob sich Investitionen in eine bestimmte  Energieform lohnen oder nicht. Denn wenn bei einem Energieträger die total aufgewendete Energie gleich gross oder sogar grösser ist als die erzeugte Energie, ist das wirtschaftlich und energetisch sinnlos.

Erst ab EROI 8 wird es wirtschaftlich interessant

Wie wird der EROI eines Kraftwerkes berechnet? Indem die daraus gewonnene Energie über die ganze Lebensdauer geteilt wird durch die Energie, die für den Bau, den Unterhalt und den Abbruch des Werkes gebraucht wird. Ein EROI von 1 bedeutet also, dass die gewonnene Energie genau gleich gross ist wie die investierte. Die Nettoenergie, das heisst die gewonnene minus die investierte Energie, ist dann gleich null. EROI-Werte unter 1 sind demnach Energiesenken.

Beim einem EROI von 2, also bei doppeltem Ertrag im Vergleich mit der investierten Energie, beträgt die Nettoenergie 50 Prozent der gesamten Energiequelle: Unterhalb dieses Wertes ist die Nettoenergie also kleiner als die investierte Energie. Deshalb kann man erst bei Werten über 2 überhaupt darüber diskutieren, ob die Energiebilanz eines Energieträgers wirtschaftlich Sinn macht. Die Autoren einer der ersten Studien zu diesem Thema (siehe hier) haben den Grenzwert für einen ökonomisch sinnvollen Einsatz allerdings erst bei einem EROI von 8 angesetzt. Weil noch andere Faktoren eine Rolle spielen, lohnt sich nach Ansicht dieser Autoren ein Energieträger erst ab dieser Grenze.

Um einen Vergleich der Grössenordnungen zwischen den wichtigsten Energieträgern im Elektrizitätssektor zu ermöglichen, zeige ich hier eine Grafik aus dieser Arbeit, die am Institut für Festkörper-Kernphysik Berlin 2013 entstanden ist, und in der die entsprechenden EROIs dargestellt sind.

Im Abstract der Studie heisst es am Schluss: «Die Resultate zeigen, dass Kern-, Wasser-, Kohle- und Gaskraftwerke (in dieser Reihenfolge) eine Grössenordnung effektiver sind als Fotovoltaik und Wind.» Den weitaus höchsten EROI von 75 hat ein Druckwasser-Reaktor mit einer Leistung von 1340 Megawatt (ganz rechts). Interessant ist, dass hier die Kategorie «buffered», also gespeichert (dunkelgelb), einbezogen wird: Schon 2013 sind die Wissenschaftler dieser Studie also zum Schluss gekommen, dass bei der Solarenergie – wenn die Notwendigkeit der Speicherung mitberücksichtigt wird – der EROI-Wert um mehr als die Hälfte sinkt: von 3,9 auf 1,6 (ganz links). Auch wenn diese Arbeit nicht mehr ganz dem neuesten Stand der Forschung entspricht, zeigt sie doch klar wie unwirtschaftlich Solar, Biomasse und Wind sind.

Schweizer Fotovoltaik ist eine Energiesenke

In der Grafik ist ausserdem zu sehen, dass der Solar-EROI von 1,6 aus 1000 Peak-Stunden berechnet wurde. Ist das mit der Schweiz vergleichbar? In zwei 2016 und 2017 entstandenen Arbeiten sind F. Ferroni, R.J. Hopkirk und A. Guekos dieser Frage nachgegangen, indem sie eine differenzierte Berechnung für den EROI ausschliesslich für Foltovoltaik in der Schweiz gemacht haben (siehe hier und hier). Dabei ist unter anderem auch ein tieferer Peak-Stunden-Wert eingeflossen, weil der Schweizer Durchschnitt der letzten zehn Jahre nur bei rund 870 Peak-Stunden liegt.

Ferroni et al. kommen denn auch auf einen Solar-EROI für die Schweiz von 0,83. Aus welchen Komponenten setzt sich dieser tiefe Wert zusammen? Auf der Seite der gewonnenen Energie rechnet die Studie mit einem Durchschnittswert der Stromproduktion pro Quadratmeter Panelfläche. Für die Schweiz sind das 106 Kilowattstunden pro Jahr. Bei einer angenommenen Lebensdauer von 25 Jahren und einer mitgerechneten Verminderung der Leistung über die Zeit ergibt sich ein kumulierter Energieertrag von 2203 Kilowattstunden pro Quadratmeter.

Am meisten fällt ins Gewicht, dass die Stromerzeugung aus Fotovoltaik eine sehr geringe Energiedichte aufweist und deshalb viel Material und Fläche benötigt.

Auf der anderen Seite, bei der Berechnung der investierten Energie, ist die Sache komplexer. Ferroni et al. kritisieren die Methodik, die von der Internationalen Energie-Agentur (IEA) angewandt wird, wo nur die Energie zur Herstellung der Panels berücksichtigt wird. Sie selber benutzen eine sogenannte «extended methodology», also eine erweiterte Methode, bei der zusätzlich die Energie für den Transport der Panels, die Montage samt Netzintegration inklusive Speicherung, den Betrieb und die Wartung, sowie die Stilllegung und Entsorgung der PV-Anlagen berücksichtigt wird. Insgesamt ergibt die Rechnung einen kumulierten Energieaufwand von 2664 Kilowattstunden pro Quadratmeter über die ganze Lebensdauer.

Am meisten fällt dabei ins Gewicht, dass die Stromerzeugung aus Fotovoltaik eine sehr geringe Energiedichte aufweist und deshalb viel Material und Fläche benötigt. Die Forscher rechnen pro Quadratmeter Solaranlage mit 16 Kilogramm für das Modul, 25 Kilogramm für die Befestigung und 3,5 Kilogramm für Chemikalien. Praktisch die Hälfte der gesamten investierten Energie wird für die Herstellung des Materials dieser 44,5 Kilogramm pro Quadratmeter verwendet.

Neueste Studie bestätigt den tiefen Energieertrag von Solaranlagen

Aus der geernteten Energie (2203 Kilowattstunden) geteilt durch die investierte Energie (2664 Kilowattstunden) ergibt sich der EROI von 0,83. Und auch mit der angenommenen Fehlerquote von plus/minus 15 Prozent liegt der Wert noch immer unter 1. Das bedeutet, dass Fotovoltaik-Anlagen in unseren Breitengraden – wenn alle Faktoren mitberücksichtigt werden – Energie-Senken sind: Insgesamt entsteht dabei ein Verlust an Nettoenergie. Das ist ein verheerendes Resultat für die Fotovoltaik.

Aber sind die Berechnungen von 2016/17 nicht veraltet? Offensichtlich nicht, denn in einer grossen Studie von 2020 zeigen de Castro et al. (siehe hier), dass von allen erneuerbaren Energien nur die Wasserkraft einen akzeptablen EROI von 6,5 aufweist, während Wind und Solar unter 3 fallen. In der folgenden Grafik aus dieser Studie sind die EROI-Werte nach verschiedenen Berechnungsarten für die Solarenergie weltweit angegeben.

Die Grafik zeigt auf der x-Achse eine von links nach rechts zunehmende Solareinstrahlung und auf der y-Achse die Solar-EROI-Werte von 0 bis 13 aufsteigend. Wie gesagt sind hier die Berechnungen nach drei verschiedenen Methoden gemacht worden. Für uns ist aber nur der rot eingetragene EROIext (unterste Gruppe) wichtig: Das ist die «extended»-Berechnung unter Berücksichtigung aller wesentlichen Faktoren bei der investierten Energie – dasselbe also, was Ferroni et al. gemacht haben.

Der solare Welt-EROI liegt bei 1,8

In dieser Studie wird aber auch gezeigt, wie stark selbstverständlich die Sonneneinstrahlung den EROI beeinflusst: Die Spannbreite reicht von Finnland mit 0,6 bis Zypern mit 2,8. Die Schweiz, für die es keine Zahlen gibt, wäre nahe bei Deutschland und hätte wahrscheinlich etwa 1,4. Interessant ist weiter, dass hier ein globaler Durchschnitt gerechnet wurde: Alle Solaranlagen der Welt kommen auf einen EROI von 1,8. Das ist – Sie erinnern sich – unterhalb der Schwelle, wo die Wirtschaftlichkeit beginnt. Die Autoren dieser Studie setzen diese Schwelle übrigens bei 5 an.

Ziehen wir das Fazit für die Schweiz: Drei Studien innerhalb der letzten zehn Jahre haben einen EROI für Solaranlagen in der Schweiz zwischen 0,8 und 1,6 errechnet. Die einzige Studie, die sich ausschliesslich mit der Schweiz beschäftigt hat, ist zum tiefsten Wert gekommen. So oder so: Alle Werte liegen in einem Bereich, wo nur sehr wenig Nettoenergieertrag – wenn überhaupt – zu erwarten ist. Solarenergie in der Schweiz ist nach dem Kriterium der EROI-Bilanz nicht wirtschaftlich.

90 Prozent der Solarmodule kommen aus China

Warum fördern wir sie trotzdem? Weil ein grosser Teil der investierten Energie nicht bei uns anfällt. 2021 sind über 90 Prozent aller Solarmodule, die in der Schweiz neu installiert wurden, aus China importiert worden (siehe hier), wo die Umweltvorschriften viel larger sind und wo ein grosser Teil der investierten Energie Kohlestrom ist. Und wer kümmert sich schon um die langen Transportwege und den Aufwand für die Integration ins Netz. Somit gelangen wir zum ernüchternden Fazit, dass Solarenergie energetisch nicht nachhaltig ist.

10 Kommentare zu “Die Energiebilanz von Solarstrom ist miserabel

  1. Christian Bauer
    Christian Bauer

    Pumpspeicher sind ebenfalls sinnlos. Um aus einer WEA mit 2MW eine Versorgung zu realisieren, müssten bei 25% Vollaststunden (ich weiss, viel zu optimistisch!) 3/4 der erzeugten Energie gespeichert werden. Aber auch hier der Pferdefuss: Dazu müsste das Windrad täglich und immer zur gleichen Zeit diese Vollast erbringen! Speichern wir also 75% von 2MW 6Std lang, dann macht das 9MWh, die zu speichern sind. Sollte sich zum Obersee eine Höhendifferenz von 50m ermöglichen, so müsste der Obersee eine Grösse haben von etwa 80x80m² mit einer Tiefe von 10m. Das ist, mit Verkehrswegen für Instandhaltung, 1ha. Nicht vergessen: Ein gleich grosser Untersee muss auch noch her!
    Und das alles, um aus der 2MW-Anlage kontinuierliche 500kWh zu erzielen? Welch ein Irrsinn.

  2. Guntram Rehsche
    Guntram Rehsche

    Allen Energiewende-und Solarstrom-Skeptikern ins Stammbuch geschrieben von wegen «Solarstrom hat doch keinen Wert»: Marktwert Solar erreicht fast 40 Cent pro Kilowattstunde im August. Es ist der höchste Wert, den es jemals für eine eingespeiste Kilowattstunde Solarstrom an der Börse gab. Das deutsche EEG-Konto liegt nicht zuletzt wegen der hohen Einnahmen aus dem Stromverkauf an der Börse mittlerweile bereits fast 17,5 Milliarden Euro im Plus.

    • Martin Schlumpf
      Martin Schlumpf

      Was für eine einäugige Sicht: Der hohe Marktwert von Solar beruht auf den horrend hohen Gaspreisen, weil diese über Merit Order den Gesamtbörsenpreis bestimmen, wenn sie eingesetzt werden müssen. Und sie müssen eingesetzt werden, weil die Erneuerbaren oft nicht ausreichen. Mit dem gleichen Mechanismus erhält ja auch der Atomstrom jetzt einen hohen Wert. Und das EEG-Konto lag über viele Jahre massiv im Minus – jetzt zum ersten Mal nicht mehr.
      Und die Flatterhafigkeit von Solar und die Unberechenbarkeit von Wind hat über viele Jahre dazu geführt, dass der Börsenpreis so tief lag, dass sich Investitionen in neue Kraftwerke nicht gelohnt haben: Die Rentabilität des Stromsystems wurde kannibalisiert durch die Neuen Erneuerbaren.
      Was Sie hier betreiben ist Cherry-Picking vom feinsten.

      • Guntram Rehsche
        Guntram Rehsche

        Jetzt dämpfen Erneuerbare Auftrieb der Strompreise fortwährend: 49 Euro kostete Strom an Leipziger Börse am Montag (19. September 2022) für Deutschland. Das ebenfalls stark mit Windkraft versorgte Dänemark zahlte 52 bis 53 Euro, #Schweiz lag bei 257 Euro. Kommentar eigentlich überflüssig.

  3. Andreas Lachenmeier
    Andreas Lachenmeier

    Sehr geehrter Herr Schlumpf

    Ihre Argumente wären schon Grund genug, die Fotlvaltaic abzulehnen, mindestens aber nicht zu subventioniere.
    Das grundlegende Problem ist aber:
    Niemand ist verpflichtet, Strom ins Netz zu speisen. Es gibt aber priviliegierte Verfahren, mit denen man berechtigt ist, jederzeit, unabhängig vom Bedarf, zu einem massiv überhöhten Preis Strom ins Netzt zu speisen.
    Kraftwerke, ohne die der Flatterstrom nicht funktinieren können, können so nicht rentieren und niemand will sie bauen.

  4. Torsten Gürges
    Torsten Gürges

    Es gibt noch einen weiteren Faktor – einen zunächst(!) jenseits der rein wirtschaftlichen Betrachtung, wie er im Artikel ausgeführt wird. Denn ein Mensch, der vor CO2 – Emissionen und vor Kernkraft wirklich Angst hat (ohne das werten zu wollen), könnte argumentieren:
    „Mag alles stimmen mit dem EROI. Aber Photovoltaik (PV) ist die einzige Möglichkeit in einem Binnenland wie der Schweiz, wo Wind schlecht genutzt werden kann und Wasserkraft praktisch ausgereizt ist, erneuerbare Energien zu nutzen. Und da das die Zukunft ist, machen wir das trotzdem auch wenn damit kein monetärer Gewinn zu erzielen ist“.

    Ob man sich dieser Sichtweise anschliesst oder nicht, ist zunächst gleichgültig. Es gibt (nicht wenige) Menschen, die so oder so ähnlich denken.
    Deshalb hier ein technisch – naturwissenschaftliches Kriterium, das die Schwierigkeiten eines massiven Solarausbaus in der Schweiz WENN DAS ZIEL DIE VOLLVERSORGUNG(!) mit „Erneuerbaren“ SEIN SOLL, aufzeigt.

    Nach der Energiestrategie des Bundes für 2050 sollen zum Zeitpunkt 2050 insgesamt 39TWh an „Erneuerbaren“ erzeugt werden (ohne Wasserkraft!). Den Löwenanteil dieses Wertes müsste die Photovoltaik leisten. Ich gehe von ungefähren Werten aus, im Detail kann das Eine oder Andere etwas nach oben oder unten abweichen. Da es aber um eine Abschätzung der Grössenordnungen geht, spielt das keine Rolle:

    Bezugnehmend auf die Werte von 2020 und der Annahme, dass die Photovoltaik 2/3 dieser „Produktion“ übernehmen soll, ergeben sich folgende Werte:

    2/3 von 39 TWh = 26 TWh.
    Das sind 26.000 GWh bzw. 26 Mio. MWh oder 26 Mrd. kWh
    Unter günstigen Bedingungen braucht man für die Produktion von 1000 kWh im Jahr ca. 5,5m² PV – Fläche (an guten Standorten geht es mit etwas weniger Fläche, andere brauchen etwas mehr; wie gesagt, es geht um Grössenordnungen!).

    Insgesamt sprechen wir also über:
    143 Mio. m² Photovoltaikfläche. Das sind 143 km².

    Anmerkung: Unter der oben vorgenommenem Annahme, dass 2/3 der „erneuerbaren Energie“ im Jahr 2050 aus PV kommen, müssten immer noch die „anderen“ erneuerbaren Energien MASSIV zunehmen. Unter der sehr positiven Annahme, dass man „Produktion“ aus Biogas, Holz und Abfall jeweils um 50% steigern könnte und Geothermie verdoppeln kann, müsste die Windkraft immer noch ca. VERZEHNFACHT(!) werden (jeweils gegenüber 2020).
    Was bedeutet das für die Schweizer Landschaft?

    Ich konzentriere mich weiter auf die PV: Was bedeuten 143 km² PV – Fläche?

    Im Sommer:
    Unter den o.g. mittleren bis guten Bedingungen bedeuten 5,5m² Fläche (Produktion: Ca. 1000 kWh im Jahr; s. oben) eine elektrische PEAKLEISTUNG(!) von 1 Kilowatt (1 kW) unter günstigem Sonnenstand. Etwa im Zeitraum von Ende Mai bis Mitte August, also knapp 3 Monate, können die Anlagen in den Mittagsstunden bei gutem Wetter durchaus einmal zwischen 50% und 65% ihrer Peakleistung einspeisen.

    143 Mio. m² bedeuten in dem genannten Sommerzeitraum MINIMAL 0,5*143 Mio/5,5 = 13 Mio. kW. Das sind 13 GW! Es können aber auch 0,65*143 Mio./5,5 = 16,9 GW sein (oder im Extremfall noch mehr wovon ich aber hier nichts ausgehe).

    Zwischen Ende Mai und Mitte August würden um die Mittagsstunden die PV Anlagen allein(!) also zwischen 13 und 16.9 Gigawatt einspeisen. Das ist mehr als die Schweiz überhaupt als Maximalleistung benötigt (derzeit maximal bis 10 GW, meist nur um die 8 GW). Die PV liefert also mehr als die Schweiz benötigt. Das unter der Voraussetzung, das alles andere still steht (Kein Wind, keine Holz – und Biomasse, keine Geothermie, keine Wasserkraft!).

    Wohin mit dieser überschüssigen Leistung? Standardantwort: Ab in die Pumpspeicherkraftwerke, dann können die nachts, wenn die Sonne weg ist, die überschüssige Energie wieder abgeben. Dumm nur, dass man dann bei einem Bedarf von vielleicht 8 – 9 GW für die Schweiz mindestens 4, aber wenn es auch nur halbwegs, nicht einmal extrem ungünstig läuft, bis zu 8.9 GW einspeisen müsste. Die Summe der Leistungen aller Pumpspeicherkraftwerke liegt aber maximal bei ca. 3,5 GW.

    Noch schlimmer: Alle Pumpspeicher haben derzeit eine Energiekapazität von ca. 240 GWh (Schätzungen gemäss des Schweizer Wasserwirtschaftsverbandes) wenn sie komplett leer sind!
    Nehmen wir einmal an, dass in einem Sommer von den ca. 80 Tagen (Zur Erinnerung: Ende Mai bis Mitte August!) 40 Tage wirklich „Gutwettertage“ sind und während dieser 40 Tage die Leistung zwischen 11 Uhr und 14.30 Uhr bei durchschnittlich 15 GW liegt. 9 GW werden direkt gebraucht, 3,5 GW geht in die Pumpspeicher, den Rest muss man „wegwerfen“ (sprich abregeln) oder verkaufen (nur an wen? An Deutschland, das die ganze Sache noch viel extremer ausführt und zum selben Zeitpunkt exakt dasselbe Problem in 20, 30-facher oder noch höherer Grössenordnung hat und damit das gesamte europäische Netz zu diesen Zeiten mit Energie „überschwemmt“?).

    Wie lange geht das gut? 240 GWh Kapazität der Pumpspeicher bei 3,5 GW über 3,5 Stunden. An einem Tag werden bereits 12,25 GWh eingespeist. Gut gehen tut das also knapp 20 Tage. Nicht aber 40 Tage.
    Und das ist noch positiv gerechnet, denn bei der genannten PV – Fläche werden auch vor 11 Uhr und nach 14.30 Uhr Überschüsse anfallen, nur nicht mehr so hohe.
    Nun kann man argumentieren, dass die Speicher doch nachts immer wieder „entladen“ werden und am nächsten Tag wieder zur Verfügung stehen. Guter Punkt! Bedeutet aber, dass ALLE ANDEREN Energiequellen nicht nur über Stunden mittags im Sommer „stillstehen“ müssen, sondern dann auch über Nacht zumindest weniger liefern dürfen als sie könnten.
    Das ist natürlich prinzipiell möglich. Aber was bedeutet es für die Wirtschaftlichkeit dieser anderen Anlagen…? (Stichworte Investitionskosten und Betriebsstundenzahl).

    Winter:

    Genau umgekehrt sieht es im Winter aus. Generell liefert die PV hier sehr wenig. Es existieren Behauptungen, dass PV Anlagen in den Bergen in Höhen auf und über 2000 Metern gerade im Winter besonders gute Ausbeuten liefern sollen. Soweit ich weiss (ich lasse mich gerne eines besseren belehren), leiten sich diese Behauptungen aus Messungen der einfallenden Strahlung ab und NICHT aus Erfahrungen mit dem Ertrag realer PV Anlagen in dieser Höhe und der angedachten Grösse über den Durchschnitt mehrerer Jahre. Davon abgesehen, dass dies nicht für alle PV – Anlagen gelten würde, denn nicht alle stehen in den Bergen, habe ich daran Zweifel, dass das real funktionieren würde wenn diese Anlagen gebaut sind. Was ist mit Schneebedeckung auf solchen Anlagen? Mit Rauhreifbildung? Und sollen die dann regelmässig von Schnee und Eis befreit werden? Wo liegen dann die Kosten?
    Insgesamt entsteht dann gerade im Winter, wo eine normale PV – Anlage zwischen November und Februar, also einem Drittel des Jahres, nur ca. 10 – 15% ihres Jahresertrages liefert, eine massive Unterdeckung.
    Die Rechnungen dazu kann jeder selbst anstellen. Schon in einem durchschnittlichen Winter, wo alles andere (Holz, Wasser, Biomasse, Abfall, Geothermie) normal läuft, wird es dann extrem knapp.
    Ist der Winter nicht durchschnittlich war es das mit der sicheren Stromversorgung!

    Und: Dass die Schweiz noch Energie exportieren könnte, kann man in diesem Szenario vergessen! Ab und an sicher (wenn sich denn ein Abnehmer findet). Aber dann wohl auch nur zu „negativen Preisen“, wie es Deutschland heute schon für x Millionen im Jahr tun muss).

    Fazit: Prinzipiell wäre es in der Schweiz mit ihren Topographie und ihrem hohen Anteil an Wasserkraft möglich, eine solche Vollversorgung mit „Erneuerbaren“ zu machen. Dann darf aber nichts schief gehen! Aussergewöhnliche Wetterereignisse darf es dann nicht geben.
    Was die Kosten für Strom betrifft, werden sie dann aber deutlich höher liegen als heute. Die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Industrie ist dann wahrscheinlich nicht mehr gegeben. Zu sehen ist das heute schon in Deutschland, das den Weg „konsequenter“ geht und weiterhin gehen will (der Begriff „konsequent“ ist in diesem Zusammenhang ausdrücklich NICHT positiv gemeint).

    Besser wäre es, neben einen gewissen Solaranteil und auch anderen erneuerbaren Energien, gegen die gar nichts einzuwenden ist, die Wasserkraft wie geplant auszubauen und für die „Grundlast“ andere, bedarfsgerecht(!) steuerbare(!) Möglichkeiten zu suchen. Das könnten fossile Kraftwerke mit CCUS (Carbon capture use and storage) sein – wenn man denn Angst vor CO2 hat oder moderne, Kernkraftwerke der Generation IV. Das – zusammen mit all den anderen Vorteilen der Schweiz – wäre ein Garant für den weiteren wirtschaftlichen – und Lebensqualitätserfolg der Schweiz, den ich diesem tollen Land von Herzen wünsche!

    • Guntram Rehsche
      Guntram Rehsche

      Überschüssiger Solarstrom wird – wenn er dann einmal vorhanden ist – beste Voraussetzung resp. Basis, um die gerade einsetzende Wasserstoffproduktion anzukurbeln. Er wird also längst nicht nur in Pumpspeicherkraftwerke wandern, obwohl genaus das ja aktuell von der Stromwirtschaft erwünscht ist (siehe Michael Frank vom VSE).

      • Torsten Gürges
        Torsten Gürges

        Ja, diese Idee ist mir bekannt. Sie ist prinzipiell natürlich möglich. Allerdings müsste sie aus dem, ich nenne es mal „Technikums – Massstab“ hochskaliert werden. Das wird zwar noch etwas dauern, wird aber wohl funktionieren.
        Dann allerdings muss man wieder wirtschaftlich argumentieren:
        Man will also (speziell auf die Schweiz bezogen):
        a.) Laufwasserkraftwerke.
        b.) Speicherseen – mit Kraftwerken (die gerade ausgebaut werden und deren weiterer Ausbau in Planung ist).
        c.) Pumpspeicherkraftwerke.
        d.) eine massive Erhöhung der PV (in meinem Beispiel oben um den Faktor ca. 10 – 15 gegenüber 2020).
        e.) eine jeweils 50%ige Erhöhung der elektrischen Produktion aus Holz – und Biomasse sowie Abfall.
        f.) eine ca. 10 – fache Erhöhung der Windkraft
        g.) Elektrolyseanlagen im Bereich von um die 8 – 10 GW (Minimum, um den Überschuss „aufzufangen“). Diese Anlagen müssten wirtschaftlich UND(!) verschleisstechnisch ungünstig im „Stop – and – Go – Betrieb“ laufen um die schwankende Einspeisung der Erneuerbaren zum kompensieren.
        h.) Rückverstromungsanlagen (Gasturbinen, und/oder an Wasserstoff angepasste Gaskraftwerke und/oder Brennstoffzellen in derselben Leistungsgrössenordnung wie die Elektrolysieranlagen (etwas weniger wegen der ebenfalls vorhandenen Pumpspeicher, aber doch noch im Bereich von 7 GW, die ebenfalls im Stop – and – Go – Betrieb arbeiten).

        Man beachte: 7 GW an Gaskraft wären beinahe schon allein in der Lage um die Schweiz komplett zu versorgen – ohne die Punkte a.) – g.) und entsprechen ebenfalls beinahe der doppelten Leistung der heute bestehenden Kernkraftwerke in der Schweiz!

        i.) ein an Wasserstoff angepasstes Gasleitungsnetz und neue zu bauende Gasspeicher. Das Erdgasleitungsnetz von heute kann nicht mit reinem Wasserstoff betrieben werden, da dieser viel leichter explodiert und aufgrund der geringen Molekülgrösse flüchtiger ist als Erdgas (Beimischung ins heutige Erdgasnetz ca. 5%).

        Bei den Punkten d.) bis f.) müssten noch deutlich höhere Wartungskosten als heute einkalkuliert werden. Bei g.) und h.) massive höhere aufgrund des erwähnten, ungünstigen Betriebes.

        Zu beachten ist noch: Bei der Wasserstoffproduktion gehen aufgrund thermodynamischer Zwänge (nicht technischer Unzulänglichkeit!) mindestens ca. 60 – 70% der eingesetzten Energie verloren. In der Praxis kann es auch einmal leicht auf 75% Verlust hinauslaufen. Man bräuchte also entsprechend deutliche höhere Kapazitäten an „Erneuerbaren“ als oben angegeben um diesen Verlust auszugleichen, vor allem dann, wenn man einmal einen wirklich harten Winter annimmt und nicht einen „durchschnittlichen“. Ein Energiesystem muss aber auf Fälle auch in der 3., 4. oder sogar 5. Standardabweichung ausgerichtet sein, nicht nur auf „Schönwetter“.

        Gegenüber heute: Man braucht a.) bis c.) – und drei KKW. Würde man wirklich unabhängig vom Ausland sein wollen noch eine beliebige Komponente dazu (oder von den genannten etwas mehr).
        Dennoch: Wenn man einmal unideologisch durchrechnet: Was kostet eine Kilowattstunde elektrische Energie unter dem oben angegebenen Szenario? Nach wie vor um die 20 oder 25 Rappen? Das kostet sie bereits 2023 (die Ankündigung ist vor ein paar Tagen von unserem Versorger ins Haus geflattert) – ohne all die genannten Punkte.

  5. Dr. med. Engel
    Dr. med. Engel

    Der einzige Vorteil eines mehrtägigen Blackouts…
    Dann wird den Bürgern endlich klar, welchen Mist sie nach Bern gewählt haben.
    Ohne Schmerzen sehe ich keinen Weg aus der von Ideologie und Naivität getriebenen links-grünen Politik.
    Die Leute müssen aufwachen und endlich erkennen, dass die Linken und Grünen zusammen mit deren Steigbügelhaltern CVP und FDP die Verantwortung für die heutigen Probleme tragen.
    .

  6. Louis Odermatt
    Louis Odermatt

    Hinzu kommt ja seit neustem auch noch ein moralisch-ethischer Faktor: Anscheinend werden ja der Rohstoffabbau und teilweise relativ aufwändige Halbzeugprozesse für Solarmodule in China von uigurischen Zwangsarbeitern durchgeführt. Diese werden kaum bezahlt und arbeiten unter unwürdigsten , vermutlich auch suboptimalen Arbeits- und Gesundheitsschutzbedingungen. Das kann es ja wohl auch nicht sein.

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