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Die falschen Klimaängste einer deutschen Journalistin

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Der Originalbeitrag ist als „Schlumpfs Grafik 105“ im Online-Nebelspalter vom 18. März 2024 zu lesen.

Ich ärgere mich jedes Mal, wenn ich lese oder höre, dass wir in Kürze eine globale Klimakatastrophe erleben werden, die nicht mehr zu stoppen ist – es sei denn, wir würden radikale Gegenmassnahmen ergreifen. Und besonders ärgerlich ist, dass entsprechende Forderungen immer als «alternativlos» bezeichnet werden, womit jede Diskussion von vornherein abgeblockt wird. Einen derart extremen Standpunkt halte ich für einen der gefährlichsten Irrtümer unserer Zeit.

Besonders krass erscheint dieser Klimakatastrophismus im Bestseller-Buch «Das Ende des Kapitalismus» der deutschen Wirtschafts-Journalistin Ulrike Herrmann (siehe hier). Und zwar deshalb, weil sie im ersten Teil ihres Buches das System des Kapitalismus als Quelle einer beispiellosen Wohlstandsentwicklung seit dem 19. Jahrhundert durchaus voll anerkennt. In der Folge aber kommt sie zum Schluss sie, dass der Kapitalismus keine Zukunft mehr habe. Und zwar deshalb, weil er nur funktionieren könne, wenn er immer weiter wachse. Das aber führe zu steigendem Energiekonsum mit immer mehr Treibhausgas-Emissionen, was schliesslich in der unvermeidbaren Klimakrise ende.

Was wichtig ist:

– Die deutsche Journalistin Ulrike Herrmann behauptet in ihrem Buch «Das Ende des Kapitalismus», dass das gegenwärtige Wirtschaftssystem wegen des Klimawandels zu einem Ende kommen müsse.
– Tatsächlich ist aber die Zahl der Todesopfer wegen Extremwetter in den letzten hundert Jahren weltweit um 99 Prozent gesunken.
– Zudem hat die Zahl der Unwetter-Ereignisse seit dem Jahr 2000 global gesehen abgenommen.
– Bei den wirtschaftlichen Schäden wegen klimabedingter Unwettern ist anteilsmässig gesehen kein Trend zu erkennen.

Nun hat der Kapitalismus aber in seiner Entwicklung, die auch von Ulrike Herrmann als positiv beschriebenen wird, bis heute schon viele Krisen erlebt – und vor allem überlebt. Warum also meint Ulrike Herrmann, dass die Klimakrise eine total andere Kategorie der Bedrohung darstellt, die zur Folge hat, dass es daraus keinen Ausweg mehr gibt? Leider findet man in ihrem Buch auf diese Frage keine spezifische Antwort.

Die schlimmsten Klimaprognosen als angebliche Wahrheit

Stattdessen wählt sie einfach aus den Prognosen der Klimawissenschaftler, die am stärksten alarmistisch argumentieren, das ihr Passende aus und verkauft es als Wahrheit. Zum Beispiel schreibt sie: «Bei einem Weiter-so würden die Temperaturen bis zum Ende des Jahrhunderts um deutlich mehr als vier Grad steigen. (…) Das sind nur Schätzungen; es könnte noch deutlich schlimmer kommen.» Oder sie pickt einzelne Wetterkatastrophen heraus, die sich vor kurzem ereignet haben, um zu zeigen, wie schlimm es kommen wird – ungeachtet dessen, dass Wetter und Klima nicht dasselbe sind. Mit einer solchen Form der Aufzählung suggeriert sie schliesslich, dass wir direkt vor einer «Heiss-Zeit» stünden, in der das Leben kaum mehr erträglich sei.

Ich gehe hier nicht darauf ein, warum einzelne dieser Argumente mehr als diskutabel sind. Vielmehr frage ich grundsätzlicher und allgemeiner nach dem Realitätsbezug von Herrmanns Angst vor der Klimakatastrophe. Konkret: Wenn Herrmann schreibt: «Dürren werden sich häufen», suche ich nach den verfügbaren Quellen, die über die Häufigkeit und die Auswirkungen von Dürren und anderen Unwettern Auskunft geben – aber nicht momentan, sondern über klimarelevante Zeitperioden (also mindestens 30 Jahre).

Todesfälle wegen Unwetter haben global um 99 Prozent abgenommen

Dies führt zu drei entscheidenden Grundsatzfragen, die im Buch von Herrmann keine Rolle spielen: Nehmen die Opferzahlen wegen Unwettern zu? Nimmt die Zahl der Unwetter zu? Nehmen die materiellen Schäden wegen Unwettern zu? Für global gültige Antworten kann ich meistens auf Grafiken zurückgreifen, die ich schon in früheren Kolumnen verwendet habe. 

Als erstes schauen wir uns die Opferzahlen wegen Extremwettern in den letzten hundert Jahren an:

Quelle: EM-DAT / Martin Schlumpf

Wie der Titel der Grafik sagt, geht es hier um die absolute Zahl der Todesfälle in Millionen, die weltweit durch klimarelevante Naturkatastrophen seit 1920 verursacht wurden (Vulkanausbrüche sind also beispielsweise nicht mitberücksichtigt). Die Kurve der Grafik zeigt den Trend in Jahrzehnten: In den letzten hundert Jahren sind die Opferzahlen wegen Unwettern global um 96 Prozent gesunken. Beachtet man die Bevölkerungszunahme in dieser Zeit, ergibt sich ein Rückgang um 99 Prozent (siehe hier).

In meinem früheren Beitrag «Kein Trend zu mehr Extremwetter» habe ich mich mit der Arbeit eines Forscherteams um Gianluca Alimonti auseinandergesetzt, das eine grosse Zahl aktueller Studien zu Trends bei Naturkatastrophen ausgewertet hat (siehe hier). Aus den dort gezeigten Grafiken lässt sich ablesen, dass weder beim Auftreten von Wirbelstürmen noch bei der Zahl der Dürren in einer Langzeitbetrachtung ein Trend zu erkennen ist. Die Behauptung von Herrmann, dass sich Dürren häufen werden, hat also keine sachliche Grundlage.

Seit dem Jahr 2000 gibt es weniger Extremwetter

Nicht gezeigt habe ich im erwähnten Beitrag eine Grafik aus derselben Studie von Alimonti et al., die über die Zahl aller Naturkatastrophen seit 1900 Aufschluss gibt:

Quelle: CRED / Alimonti et al

Wie die Grafik zeigt, ist die Zahl der jährlich auftretenden Naturkatastrophen weltweit bis ins Jahr 2000 ständig gestiegen ist, bevor sie ab dem Jahr 2000 wieder gesunken ist. Der Anstieg bis 2000 darf aber nicht so interpretiert werden, dass es immer mehr Wetterkatastrophen gegeben hat: In erster Linie ist der Anstieg der Kurve darauf zurückzuführen, dass solche Ereignisse lokal immer besser erfasst wurde. Und dort, wo die Datenlage international einigermassen zuverlässig ist – in den letzten beiden Jahrzehnten – , sinkt die Zahl der Unwetter.

Bei der dritten Frage nach den wirtschaftlichen Schäden beschränke ich mich auf eine kürzere Betrachtungsdauer, weil solche Vergleiche sonst kaum zuverlässig sind. In meinem Beitrag «Immer bessere Anpassung an den Klimawandel» habe ich Berechnungen des Umweltwissenschaftlers Roger Pielke Jr. zu diesem Thema mit eigenen Zahlen verglichen und verifiziert (siehe hier). Die folgende Grafik zeigt das Resultat für die jährlichen Schäden aus globalen Wetterkatastrophen, ausgedrückt in Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP):

Quelle: EM-DAT / Martin Schlumpf

Pielkes Berechnungen dienten einer Zwischenbilanz der Ziele des sogenannten «Sendai Rahmenwerks für Katastrophenvorsorge» der UNO von 2015, das die Auswirkungen von Naturkatastrophen bis 2030 substanziell verringern will. Weil dieses Rahmenwerk die Dekade von 2005-2015 als Referenz verwendet, hat Pielke den Betrachtungshorizont von 2005 bis 2021 gewählt.

Unwetter verursachen nicht mehr Schäden

Pielkes Resultate, die auf Zahlen der Weltbank und der Münchener Rückversicherung beruhen, weichen zwar leicht von meinen Zahlen ab, die in dieser Grafik gezeigt werden. Diese stützen sich auf die Datenbank EM-DAT, The International Disaster Database, ab, die an der belgischen Universität Louvain geführt wird (siehe hier). Das Fazit ist aber dasselbe: Wenn man die durch Extremwetter verursachten normierten jährlichen Schäden in Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) darstellt, ist kein signifikanter Trend zu erkennen. Mit anderen Worten: Gemessen an der jeweiligen Wirtschaftsleistung bleibt das Schadensausmass im Durchschnitt etwa gleich hoch.

Wenn man also – wie ich es in den hier gezeigten Grafiken gemacht habe – alle Extremwetter zusammenfassend und global betrachtet, ergibt sich folgende Schlussfolgerung: Die Zahl der Unwetter hat in letzter Zeit abgenommen, die von ihnen verursachten Todesfälle sind massiv zurückgegangen und die daraus entstandenen Schäden zeigen keinen Trend. Die von Ulrike Herrmann und vielen andern verbreitete Angst vor einer Klimakatastrophe besteht also den Unwetter-Realitätstest der letzten Jahrzehnte nicht ansatzweise. Ganz im Gegenteil: Wir sehen vielmehr, dass sich die Menschen gegen Unwettergefahren immer besser schützen können – trotz zunehmendem CO2-Gehalt in der Atmosphäre.

Erst nachdem ich diesen Text fertig geschrieben hatte, habe ich erfahren, dass die für die zweite Grafik zitierte Studie von Alimonti et al. durch den Herausgeber gegen den Willen der Autoren zurückgezogen wurde: Weil aber die von mir gezogenen Schlussfolgerungen, die sich auf diese Studie beziehen, unabhängig davon richtig sind, publiziere ich den Text unverändert.

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Dies ist aber erst der erste Teil meiner Antwort auf Ulrike Herrmanns Buch: In einer Woche werde ich zeigen, dass auch die «beste Wissenschaft» (der Weltklimarat) nur bei wenigen Wetterkategorien prognostiziert, dass der menschgemachte Klimawandel bis 2100 als Ursache für eine Verschlechterung unserer Lebensbedingungen in Frage kommt. Und schliesslich werde ich noch auf die Frage eingehen, ob wir neben der angeblichen Klimakrise auch in eine Ressourcenkrise schlittern werden.

4 Kommentare zu “Die falschen Klimaängste einer deutschen Journalistin

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  3. Arturo Romer
    Arturo Romer

    Eine sehr guter Artikel seitens Prof. Martin Schlumpf. Mit Recht kritisiert und widerlegt Herr Schlumpf mit stichhaltigen Argumenten die Irrlehren von Frau Ulrike Herrmann.. Frau Herrmann behauptet, dass das Wirtschaftswachstum den Klimawandel verstärkt. Das ist komplett falsch. Vor allem die arme Welt (mehr als 50% der Menschheit) braucht Wirtschaftswachstum. Nur mit mehr Lebensqualität und Wohlstand (= Wachstum) kann sich die arme Welt dem Klimawandel anpassen. Und Anpassung ist und bleibt die wichtigste Antwort. Die Anpassung setzt Investitionen (= Geld) voraus. Die Klimahysterie muss mit Wissen, Forschung und Vernunft bekämpft werden. Ich empfehle den Leserinnen und den Lesern das brillante Buch von Prof. Bjorn Lomborg: “Klima Panik”. Die Menschheit ist mit sehr vielen planetarischen Problemen konfrontiert. Der Klimawandel ist nur eines (und nicht das schlimmste) dieser Probleme. Alle Überlebens-Probleme brauchen eine Antwort. Dies setzt Wachstum voraus!

  4. Beat Kappeler

    Was viele nicht in Bertracht ziehen: 1. die dichtere Bevölkerung und ihre dichtere Bebauung lassen Gebäudeschäden etc. insgesamt ansteigen, auch wenn die „Fälle“ nicht zunehmen. Sodann 2. natürlich die unmittelbare Wahrnehmung jedes kleinsten „Falles“ dank Kommunikation (der Vulkan-Ausbruch 1815 in Indonesien verursachte 1817/8 Hungersnöte in Europa – in Appenzell schneite es jeden Monat – aber niemand wusste, warum).

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