Mit der Eröffnung des „Statistischen Bureaus der Schweiz“ beginnt 1860 die Geschichte unserer Landesstatistiken. Diese Datensammlung und eine der bis heute umfassendsten Volkszählungen von 1910 ermöglichen aufschlussreiche Vergleiche über diesen ausserordentlich langen Zeitraum hinweg. In ihrem vor Kurzem erschienenen Buch „Die Schweiz in Bild und Zahl“ erläutern Goebel und Schulz Entwicklungen in diesem Zeitrahmen anhand von über vierzig Themen. Hier eine kleine Auswahl davon:
– Es leben heute gut doppelt soviele Menschen in der Schweiz als vor 100 Jahren.
Der Anstieg von 3.7 auf 8.4 Millionen wurde bis in die 1960er Jahre vor allem durch relativ hohe Geburtenraten gesteuert. Seitdem diese stark gesunken sind (Pillenknick) wird das Wachstum vor allem durch die Einwanderung weiter angetrieben.
– Die Lebenserwartung ist von 50 auf über 80 Jahre gestiegen.
Auch diese Entwicklung hat zum Wachstum der Bevölkerung beigetragen. Als Resultat vielfältiger Einflussbereiche stellt sie aber den wohl besten Indikator für eine grundsätzlich positive Gesamtentwicklung in dieser Zeitspanne dar: eine Erwartung solch langer Lebenszeit hat es in der gesamten Menschheitsgeschichte noch nie gegeben.
– Bei der Bodennutzung ist der Anteil der Landwirtschaft stark gegenüber dem Besiedlungsanteil zurückgegangen.
Die stark wachsende Wohnbevölkerung beanspruchte immer mehr Platz für Wohnung, Arbeit und Verkehr: die Siedlungsfläche nahm von bescheidenen 1.1 auf 7.5 Prozent der Gesamtfläche der Schweiz zu. Dem gegenüber steht eine massive Reduktion der Landwirtschaftsfläche von 56 auf 36 Prozent, die der Ertragsteigerung durch die Industrialisierung der Landwirtschaft geschuldet ist. Da die Flächenreduktion der Landwirtschaft den Zubau der Siedlungsflächen aber stark übertrifft, resultiert letztlich ein deutlicher Überschuss von Land, das aus direkter menschlicher Nutzung der Natur wieder zurückgegeben wurde. Vor allem die Waldfläche ist dadurch um 45% gewachsen!
– Der Energieverbrauch ist um den Faktor 7.5 angestiegen.
Unser heute hohes Wohlstandsniveau beruht zentral auf diesem gewaltigen Mehrverbrauch an Energie: wir haben pro Kopf eine um das 3.5 mal grössere Energiemenge zur Verfügung als unsere Grosseltern. Dabei hat sich der Gesamtverbrauch seit der Jahrhunderwende stabilisiert. Und auch der Anteil der Energieträger hat sich entscheidend von Kohle und Holz zu Öl, Gas und Elektrizität verschoben.
– Todesfälle infolge Grippe sind massiv zurückgegangen.
Der Gesundheitszustand der Gesamtbevölkerung hat sich durch medizinischen, sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt ständig verbessert. Während 1918/19 wegen der „Spanischen Grippe“ 24’400 Menschen starben, hat die Grippe heute praktisch keine tödlichen Folgen mehr. Dies gilt für mehrere früher „gewöhnliche“ Krankheiten.
Und schliesslich noch stichwortartig: Die Suizidrate hat sich halbiert. Es gibt 20 mal mehr Studierende, vor allem Frauen. Die Schweiz verstädtert zunehmend. Es gibt 7 mal mehr Bücher und viel mehr Vereine und Stiftungen.
Dieser Beitrag ist in der Zeitung „Die Botschaft“ unter der Kolumne „Was mich beschäftigt“ erschienen. Und er findet sich auf dem Blog des Carnot-Cournot-Netzwerks.
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