TA-Redaktor Martin Läubli feiert in seinem Jahresrückblick auf der Wissen-Seite Bertrand Picards abgebrochene Weltumrundung in seinem Solarflugzeug und spricht dabei von „bestem Marketing für die Intelligenz des Menschen und seinen Fähigkeiten“. Tatsächlich?
Vergleichen wir dazu kurz die Solar Impulse 2 mit einer Boeing 747. Den Zweck des Fliegens, Menschen über grössere Distanzen in vernünftiger Zeit von A nach B zu bringen, erfüllt der Solarflieger punkto Reisegeschwindigkeit etwa 13 mal, punkto Passagierauslastung etwa 400 mal und punkto Reichweite etwa 6 mal schlechter. Dass der arme Pilot dabei in einer Kabine ohne Heizung und Druckausgleich ausharren musste, ist sicher auch noch verbesserungswürdig, ebenso wie zu schaffende Kapazitäten für mitgeführtes Passagiergepäck. Und schön wäre es natürlich auch, wenn man auf den Start des Fluges nicht wochenlang warten müsste, weil die Sonnenverhältnisse schlecht sind. Viele Leute reagieren auf solche Vergleichszahlen mit dem Einwand, dass diese Unterschiede mit technologischem Fortschritt ausgeglichen werden können. Man sollte die Dimensionen aber nicht aus den Augen verlieren: Um nur allein das Defizit der Geschwindigkeit auszugleichen, bräuchte es eine Optimierungsrate von 1’300%! Wobei nicht zu vergessen ist, dass der Erstflug des 747-er Modells 1969 gewesen ist, Picard also sogar auf einem Technologievorsprung von 46 Jahren aufbauen konnte.
Nüchtern betrachtet zeigt dieses Experiment also nur eines: wie extrem klein der Energie-Input ist, der von der Sonne bei uns ankommt, verglichen mit dem Input, der bei der Verbrennung von Kerosin in einem Düsentriebwerk entsteht. Und aus dieser bescheidenen Energiedichte der Sonne lässt sich nun mal keine Leistung herauszaubern, die für unsere heutige Fliegerei notwendig ist.
(Leserbrief im Tages-Anzeiger vom 6. Januar 2016)
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