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Klima-Alarmismus?

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Klima-Alarmismus?
Replik auf „Es gibt kein Zurücklehnen“ von Martin Läubli im Tages-Anzeiger vom 21. September 2017.

In diesem Artikel geht Martin Läubli auf die Folgen einer neuen Klimastudie ein, die zeigt, dass uns mehr Zeit bleibt, um die Treibhausgase zu reduzieren. Die Studie räumt ein, dass die Klimaforscher bisher mit ihren Computer-Simulationen „die Temperaturentwicklung nicht exakt abbilden konnten, weil viele physikalische Prozesse unterschiedlich gut verstanden sind“. Man reibt sich ein wenig die Augen: Es wurde uns doch immer und immer wieder gesagt, dass die Klimawissenschaft in diesem Punkt das letzte Wort gesprochen hat – the science is settled. Es wurde apodiktisch verkündet, dass uns bei gleichbleibendem Tempo der Treibhausgas-Emissionen noch sieben Jahre Zeit bleiben, bevor wir in eine Katastrophe schlittern. Nun sind es aber plötzlich 15 bis 20 Jahre! Von einer abgeschlossenen Wissenschaft also keine Rede. Und es ist beschämend, dass Kritiker, die auf diese Unsicherheiten der Modelle hingewiesen haben, oft als Klimaleugner diffamiert wurden.

Wie reagieren nun die führenden Klimawissenschaftlern der ETH auf diese neuen Ergebnisse? Nach Joeri Rogelj, einem Mitautor der Studie, gibt es „nach wie vor wissenschaftliche Unsicherheiten, sowohl wie das Klimasystem auf die Massnahmen reagiert, als auch mit welchen Klimafolgen bei einer Erwärmung um 1,5 Grad zu rechnen wäre.“ Dies ist eine ehrliche wissenschaftliche Antwort: Es besteht weiterhin teilweise Unklarheit darüber, was unsere Massnahmen bewirken, und welche Folgen eine Erwärmung hätte. Gibt er also den Rat, die gewonnene Zeit möglichst optimal zu nutzen, damit wir einen angemessenen Klimaschutz betreiben? Nein, er empfiehlt bei der bisherigen strengen CO2-Reduktionsstrategie zu bleiben. Dasselbe Bild auch bei den ETH-Klimaforschern Reto Knutti und Andreas Fischlin: Es ist schon erstaunlich, wie solche neuen positiven Erkenntnisse – es bleiben uns immerhin gut 10 Jahre mehr Zeit, das Problem zu lösen – nicht zur geringsten Korrektur des bisherigen Lösungswegs führen. Ist die forcierte Reduktion von CO2 aber tatsächlich der einzig sinnvolle Ausweg? Und vor allem: Ist er auch effektiv?

Dazu zuerst ein Rückblick auf die Zeitperiode seit 1992, wo die erste Klimakonferenz von Rio die grundlegenden Elemente dieser Strategie festgeschrieben hat. Einmal ist der Anteil aller nicht-fossilen Energieträger (Wasser, Nuklear, Übrige Erneuerbare) in den 25 Jahren von 1990 bis 2015 nur von 12 auf 14% gestiegen, noch 2015 wurde 86% aller Energie aus Kohle, Öl und Gas gewonnen. Und zweitens ist die Energiegewinnung aus fossilen Kraftwerken in diesem Zeitraum 20 mal mehr gesteigert worden als diejenige aus Neuen Erneuerbaren, deren Anteil  2015 noch unter 2% lag. Das Fazit ist ernüchternd: 25 Jahre Klimaschutzpolitik haben lediglich eine marginale Verbesserung des Weltenergiemix in Richtung fossil-frei zustande gebracht, die Neuen Erneuerbaren spielen noch praktisch keine Rolle.

Wird es in Zukunft mit dem soeben beschlossenen Pariser Klimaabkommen besser? Nach UN-eigenen Berechnungen würde bei strenger Umsetzung der selbst deklarierten CO2-Reduktionen aller Länder bis 2030 lediglich ein Bruchteil dessen eingespart, was notwendig wäre, um das 2°C-Ziel zu erreichen. Effektiver Klimaschutz sieht anders aus. Aber nicht nur die Effizienz lässt zu wünschen übrig, auch die Kosten wären enorm. Das lässt sich am Beispiel Deutschland illustrieren, das einen nach diesen Vorstellungen idealen Weg gemacht hat: Mit Kosten von ein Tausend Milliarden Euro ist dort die installierte Leistung der Wind- und Solaranlagen weltweit rekordhoch ausgebaut worden, ohne dass der CO2-Ausstoss damit aber vermindert worden wäre!

Wir sollten umdenken: Wir wissen heute nicht, wie der Energiemix der Zukunft aussehen wird. Klar ist nur, dass die fossilen Energien noch einige Jahrzehnte eine wichtige Rolle spielen werden. Statt Strategien massiv zu subventionieren, die heute festlegen, welche Energieträger für die Zukunft die richtigen sind, sollten wir unsere begrenzten Finanzmittel möglichst prioritär in eine so weit wie möglich ergebnisoffene Forschung und Entwicklung neuer Energieformen (oder verbesserter alter) investieren, die zuverlässig, bedarfsgerecht und vor allem auch kostengünstig sind.

Dieser Beitrag ist auch im Autoren-Blog des Carnot-Cournot Netzwerks erschienen.

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