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Platz 2 für die Schweiz im Energie-Trilemma-Index

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Der Originalbeitrag ist als „Schlumpfs Grafik 71“ im Online-Nebelspalter vom 1. Mai 2023 zu lesen.

Der Weltenergierat (World Energy Council, WEC, siehe hier) gibt seit 2010 jedes Jahr einen «World Energy Trilemma Index» heraus, in dem er den Stand der Energiesysteme vieler Länder untersucht. Er tut dies unter Berücksichtigung von drei Kriterien, die zusammen das sogenannte Energie-Trilemma bilden: Anhand dieser Kriterien wird gemessen, wie zuverlässig ein Land seinen Energiebedarf decken kann, wie gut und erschwinglich der Zugang zu Energie für die Bewohner ist, und wie umweltverträglich das gesamte System ist.

Was wichtig ist:

– Der «Weltenergie Trilemma-Index» analysiert die Aspekte Energiesicherheit, Energiegerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit und drückt sie in einer Kennzahl aus.
– In der neuesten Ausgabe von 2022 bilden Schweden, die Schweiz und Dänemark das Top-Trio. Zuunterst findet man die Demokratische Republik Kongo, Benin und Niger.
– In dieser umfassenden Energiebetrachtung zeigt sich: Je reicher ein Land ist, desto besser ist es in diesem Index platziert.

Der WEC ist eine der grössten globalen NGOs (Nichtregierungsorganisation), die als neutrale Stimme kostengünstige, stabile und ökologisch verträgliche Energiesysteme auf der ganzen Welt fördern will. Die einzelnen Mitglieder in den fast hundert Ländersektionen vertreten Wirtschaft, Wissenschaft und Politik.

Der «World Energy Trilemma Index 2022» ist sowohl als Gesamtbericht (siehe hier) als auch als interaktive Webseite zugänglich (siehe hier). Insgesamt werden darin 127 Länder untersucht.

Die drei Kriterien des Energie Trilemmas werden auf der Webseite des WEC so beschrieben:

Versorgungssicherheit: Sie bewertet die Fähigkeit eines Landes, seinen gegenwärtigen und zukünftigen Energiebedarf ohne grössere Engpässe zu decken. Sie umfasst die Effektivität des Managements in- und ausländischer Primärenergiequellen (Importe) sowie die Verlässlichkeit und Widerstandsfähigkeit der Infrastruktur.

Energiegerechtigkeit: Sie bewertet die Fähigkeit eines Landes, den Zugang zu zuverlässiger, erschwinglicher und reichlich vorhandener Energie für den privaten und gewerblichen Gebrauch zu gewährleisten. Insbesondere gemeint ist der Zugang zu Elektrizität, zu sauberen Technologien zum Kochen und generell zu wohlstandsfördernden kostengünstigen Energiequellen.

Umweltverträglichkeit: Sie bewertet die Fähigkeit eines Landes, den Umbau der Energieversorgung so voranzutreiben, dass dabei Umweltschäden und negative Klimaauswirkungen vermieden oder abgeschwächt werden. Dabei geht es unter anderem um Energieeffizienz, Dekarbonisierung sowie Luft- und Wasserqualität.

Die erste Grafik aus dem «Trilemma-Index 2022» zeigt links die Länder, die 2022 gesamthaft am besten abgeschnitten haben, und rechts die Länder, die sich seit dem Jahr 2000 am meisten verbessert haben.

Quelle: World Energy Trilemma Index 2022

Die Gewinnergrafik auf der linken Seite zeigt, dass im Spitzentrio dieser Rangliste Schweden mit 84,3 Punkten (von 100 möglichen Punkten) vor der Schweiz mit 83,4 Punkten und Dänemark mit 83,3 Punkten liegt. Dabei teilen sich die Schweiz und Dänemark den zweiten Rang, weil ihre Punktzahlen sehr eng beieinander liegen. Die 14 Länder, die sich so die ersten zehn Rängen teilen, sind alles reiche Industrieländer, die – mit Ausnahme von Neuseeland – alle in Europa und Nordamerika liegen. 

Die Trilemma-Kriterien ermöglichen eine differenzierte Sicht

Ganz anders die besten Aufsteiger rechts: Dort dominieren asiatische und afrikanische Länder (mit Malta und Litauen als Ausnahmen). Die Erfolgszahlen in Prozent können aber irreführend sein: Trotz einer Verbesserung um 42 Prozent seit dem Jahr 2000 liegt der Gewinner Kambodscha in der Gesamtrangliste weit hinten auf Rang 72 (von insgesamt 91 Rängen), also noch immer im letzten Viertel.

Bei jedem hier aufgeführten Land steht direkt nach dem Ländernamen eine vierstellige Buchstabenkombination, die als «Grade», also Klassierung, bezeichnet ist. Daraus wird ersichtlich, wie das Land in den drei Trilemma-Dimensionen abgeschnitten hat, die im farbigen Dreieck ganz ober symbolisiert sind: Die drei Grossbuchstaben beziehen sich der Reihe nach auf die Klassierung bei der Sicherheit (orange oben), der Verteil-Gerechtigkeit (blau unten rechts) und der ökologischen Nachhaltigkeit (grün unten links).

China und die USA haben schlechte Umweltnoten

Innerhalb dieser drei Kriterien wird mit den vier Grossbuchstaben von A bis D angegeben, ob sich das Land im ersten, zweiten, dritten oder vierten Viertel im Vergleich mit den andern Ländern befindet. Nehmen wir als Beispiel die Vereinigten Staaten, die im Top-Ranking mit 78,5 Punkten auf Rang 10 liegen. Die beiden ersten AA bedeuten, dass die USA bei Sicherheit und Versorgung im ersten Viertel aller Länder liegen. Das C im Umweltbereich zeigt aber an, dass das Land dort erst im dritten Viertel zu finden ist.

Es ist vor allem die zunehmende Abhängigkeit von Energie-Importen, die zum Zurückfallen der Schweiz beim Kriterium Versorgungssicherheit geführt hat.

Wenn wir das mit dem Ranking von China (Rang 40) vergleichen, das bei den besten Aufsteigern rechts ebenfalls auf Platz 10 liegt, so sieht man, wie mit diesem Index differenzierte Vergleiche möglich sind: Bei der Versorgungssicherheit sind die USA und China zuvorderst dabei, bei der Frage der Erschwinglichkeit fällt China mit einem B aber ins zweite Viertel zurück, während bei der Umwelt beide im dritten Viertel liegen, also hinter der Mitte aller Länder.

Auch die politische Situation der Länder wird bewertet

Zu den drei Grossbuchstaben kommt im «Grade» noch ein viertes Kriterium dazu, das mit dem letzten Kleinbuchstaben angezeigt wird und die Trilemma-Kriterien ergänzt. Es handelt sich um eine länderspezifische Komponente, in der die politische, wirtschaftliche und rechtliche Situation des Landes beurteilt wird. Sie wird in der Gesamtnote mit zehn Prozent gewichtet.

Für jedes der drei Trilemma-Kriterien gibt es eine eigene Rangliste. Auf den drei Siegerpodien stehen folgende Länder:

Sicherheit: Kanada mit 76,9 Punkten vor USA und Finnland;

Gerechtigkeit: Luxemburg mit 100 Punkten vor Katar und Kuweit;

Umwelt: Schweden mit 87,5 Punkten vor Schweiz und Norwegen.

In der Schweiz wird die Versorgungssicherheit schlechter

Der maximale Punktestand von 100 stellt das erstrebenswerte Ideal dar. Es zeigt sich, dass die besten Länder diesem Idealzustand in den verschiedenen Kriterien unterschiedlich nahe kommen. Während er beim erschwinglichen Energiezugang (Gerechtigkeit) vom besten Land Luxemburg vollständig erfüllt ist, gibt es bei den beiden anderen Kriterien noch Potenzial nach oben: Am weitesten vom Idealzustand entfernt stehen wir bei der Frage der Versorgungssicherheit.

Und wie schneidet die Schweiz in den drei Kriterien ab? Wie gesehen liegt sie beim Umweltschutz mit einem zweiten Rang weit vorne. Beim Kriterium des Energiezugangs schneidet sie mit dem siebten Rang ebenfalls noch in den Top Ten ab. Bei der Versorgungssicherheit aber findet man sie erst auf Rang 27. Das sukzessive Zurückfallen in diesem Bereich (2019 lag sie noch auf Rang 12) ist auch der Grund, warum die Schweiz vom ersten Gesamtrang verdrängt wurde. Es ist vor allem die zunehmende Abhängigkeit von Energie-Importen, die zu dieser Verschlechterung geführt hat.

Materielle Armut bedeutet immer auch Energie-Armut

Das nächste Bild zeigt eine Weltkarte aus dem Trilemma-Index 2022, in der für jedes Land mit Farben angezeigt wird, wo seine Gesamtpunktzahl liegt. Die roten Länder sind die im ersten Viertel (Top 25%), die hellroten die im zweiten Viertel, die hellblauen die im dritten Viertel und die dunkelblauen die im letzten Viertel (Bottom 25%).

Quelle: World Energy Trilemma Index 2022

Eindrücklich zeigt sich, dass die roten Länder (erste Hälfte der Rangliste) von Europa und Nordamerika bis nach Ostasien und Südamerika reichen, während die blauen Länder (zweite Hälfte der Rangliste) in Südasien, im Nahen Osten, in Zentralamerika und Nordafrika bis hin zu Sub-Sahara-Afrika liegen.

Wenn man die wirtschaftlichen Verhältnisse (den materiellen Reichtum der Länder) in diese Trilemma-Karte hineinprojiziert, kommt man zur Einsicht, dass arme nicht-entwickelte Länder immer auch unter Energiemangel leiden. Dies wird aus der nächsten – von mir erstellten – Grafik deutlich: Sie zeigt den Zusammenhang zwischen Trilemma-Punktzahl und Bruttoinlandprodukt (BIP) pro Kopf für die Gruppe von Ländern an der Spitze und die Gruppe am Ende der Trilemma-Rangliste. 

Quelle: WEC / Martin Schlumpf

Auf der horizontalen Achse sind die Trilemma-Punkte, auf der vertikalen Achse das BIP pro Kopf in kaufkraftbereinigten internationalen US-Dollars aufgeführt. Die Gruppe am Ende der Trilemma-Rangliste umfasst Länder von Bangladesh bis Niger mit 42 bis 29 Trilemma-Punkten. Ihr BIP schwankt zwischen 2100 Dollar (Nigeria) und 450 Dollar (Mozambique). In der Spitzengruppe von Schweden bis USA mit 84 bis 79 Trilemma-Punkten reicht die Spannbreite des BIP von 87’000 Dollar (Schweiz) bis 23’000 Dollar (Estland).

Fazit: Aus Armut, Krankheit und Perspektivelosigkeit können Menschen in unterentwickelten Ländern nur mit Wirtschaftsausbau und dadurch verbesserter Energieversorgung herausgeführt werden. Umweltaspekte spielen dabei eine stark untergeordnete Rolle.

4 Kommentare zu “Platz 2 für die Schweiz im Energie-Trilemma-Index

  1. Arturo Romer
    Arturo Romer

    Eine sehr gute und wichtige Information. Die Schweiz muss sich keine Vorwürfe machen. Sie ist weltweit ein Beispiel. Sie besetzt in Sachen “Energie und Umwelt” den zweitbesten Rang auf diesem Planeten. Daher sage ich am 18.6.2023 eindeutig “nein” zum Klimaschutz-Gesetz.

  2. Paul Kundert
    Paul Kundert

    Saubere Zusammenstellung.
    DIE Frage bleibt aber, welches Land in den vorderen Rängen hat neu auf Kernkraft umgestellt, resp. plant dies?

    Je mehr Länder das tun, oder zu tun gedenken, üben direkten Einfluss auf Länder aus, wie die Schweiz, die sich aus welchen Gründen auch immer noch zurückhalten die Kernkraft weiter zu betreiben oder neu zu bauen.

    Gruss
    Paul Kundert

    • Guntram Rehsche
      Guntram Rehsche

      Einfach zu beantworten: Kein Land in den vorderen Rängen hat neu auf Atomkraft umgestellt oder plant dies auc h nur! Zudem ist wieder mal daran erinnern, dass weltweit sich von 200 Staaten nur weniger als 40 der Kerntechnologie vertrauen (will heissen: AKW gebaut haben oder auch nur planen).

      • Torsten Gürges
        Torsten Gürges

        Wenn man sich schon auf solche Vergleiche einlässt: Wo werden Länder wie Polen stehen, die jetzt einsteigen, derzeit aber noch viel mit „Kohle“ (ohne CC(U)S) machen, wenn die KKW einmal laufen? Besser oder schlechter?
        Davon ab: Fast alle Staaten unter den „Top 10“ nutzen Kernenergie (Ausnahmen sind lediglich Österreich (das als Ausgleich – wenn es nötig ist – Erdgas benutzt), Dänemark (das ebenfalls als Ausgleich Erdgas benutzt) und Norwegen, das derart viel Wasserkraft besitzt, dass selbst Österreich und die Schweiz „vor Neid erblassen“ (und das Erdgas in erheblichem Umfang fördert – für den Export und, in kleinerem Umfang, als Backup)
        Link:
        https://www.energy-charts.info/charts/power/chart.htm?l=de&c=CH&legendItems=0011111111111000&week=43&year=2022

        Land oben rechts einstellen.

        Es ist nicht klug, sich auf irgend etwas festzulegen! Alles nutzen was Sinn und dem Energiedreieck (Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit, Umweltverträglichkeit) entspricht. Das macht Sinn.

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