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Was der Weltklimarat über Extremwetter wirklich sagt

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Der Originalbeitrag ist als „Schlumpfs Grafik 79“ im Online-Nebelspalter vom 28. August 2023 zu lesen.

In letzter Zeit stösst man immer wieder auf Meldungen über neue Rekorde in Sachen  Extremwetter, die in den meisten Fällen ohne weiteres dem Klimawandel zugeschrieben werden. So kündigte etwa der «Club» von SRF seine letzte Sendung so an: «Hitze, Waldbrände, Fluten, Stürme: Dieser Sommer ist gekennzeichnet von Rekorden.» (siehe hier)

Beobachten wir global aber tatsächlich immer mehr extremes Wetter, das auf die Klimaerwärmung zurückzuführen ist? Antworten auf diese Fragen sind beim Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change IPCC, siehe hier) zu suchen. Dieses Uno-Gremium widmet sich der Sammlung und Bewertung von Ergebnissen der Klimawissenschaft.

Was wichtig ist:

– Zunehmende Hitzewellen, schmelzendes Meereis in der Arktis, gestiegene Ozeantemperaturen: Diese Folgen hat die Erderwärmung laut Weltklimarat bisher. Sonst nichts.
– Das IPCC stellt zudem diese Auswirkungen bis 2050 in Aussicht: Steigende oder sinkende Regenmengen (je nach Ort), zunehmende Meeresversauerung, weiter schmelzendes Meereis. Sonst nichts.
– Und sogar bis 2100 erwartet der Weltklimarat keine klaren Trends punkto Überschwemmungen, Dürren, Stürmen, Feuerwetter, Schneefall, Hagel oder Küstenüberflutungen.

Im physikalischen Grundlagenteil (The Physical Science Basis) seines sechsten Sachstandsberichts von 2021 (Sixth Assessment Report, Working Group 1, abgekürzt AR6 WG1, siehe hier) fasst der Weltklimarat über 14’000 wissenschaftliche Arbeiten zum Thema Klimawandel zusammen. Im Schlusskapitel 12 finden sich detaillierte Aussagen über den Zeitpunkt des Auftretens möglicher Extremwetterereignisse (siehe hier). Auf dieses entscheidende Kriterium des «Zeitpunkts des Auftretens» (Time of Emergence), das beim IPCC zum ersten Mal in seinem fünften Bericht AR5 diskutiert wurde, konzentriere ich mich hier – denn der ganze Bericht umfasst 2391 Seiten.

Der Weltklimarat unterscheidet 33 Klimatreiber-Kategorien

Ein Blogbeitrag des Umweltwissenschaftlers Roger Pielke Jr. von diesem Juli hat mich zu dieser Kolumne animiert. Pielke ist ein ausgewiesener Experte, der sich jahrzehntelang wissenschaftlich mit dem Thema Extremwetter auseinandergesetzt hat. Von ihm ist 2018 das Buch «Disasters & Climate Change» erschienen (siehe hier). Im erwähnten Blog kommentiert er die Grafik, die ich hier verwende.

Im physikalischen Grundlagenteil von AR6 unterscheidet der Weltklimarat sieben verschiedene Typen sogenannter Klimatreiber (Climatic Impact-driver type): Wärme und Kälte, Feuchtigkeit und Trockenheit, Wind, Schnee und Eis, Küsten, Offener Ozean und Andere. Innerhalb jedes Typus werden dann die wichtigsten Klimatreiber-Kategorien definiert, in denen der Klimawandel sich manifestieren kann. Beim Typus Wind beispielsweise werden folgende Kategorien unterschieden: durchschnittliche Windgeschwindigkeit, starker Windsturm, tropischer Wirbelsturm und Sandsturm. Insgesamt gibt es 33 verschiedene Klimatreiber-Kategorien.

Aussagen für drei Zeitfenster: bis heute, bis 2050 und 2050 bis 2100

Gegen Schluss des Kapitels 12 werden Abschätzungen über die Wahrscheinlichkeit bestimmter Klimagefahren im globalen Kontext diskutiert. Das ist für die Klimadiskussion entscheidend, weil sich die Treibhausgase in der Atmosphäre ja um den ganzen Erdball gleichmässig verteilen. Für jede einzelne der 33 Klimatreiber-Kategorien wird der aktuelle Stand des Wissens zusammengefasst, und zwar für drei verschiedene «Zeitpunkte des Eintretens»: Erstens, was ist bisher geschehen, zweitens, was ist bis 2050 zu erwarten, und drittens, was wird sich zwischen 2050 und 2100 ereignen. Schliesslich werden alle Resultate in dieser Tabelle zusammengefasst:

Quelle: IPCC (AR6 WG1, Chapter 12)

Lassen Sie sich nicht abschrecken: Was auf den ersten Blick kompliziert aussieht, lässt sich am Ende einfach zusammenfassen.

Für das Gesamtbild zählen nur Aussagen mit hohem Vertrauen

Die erste Spalte zeigt die Klimatreiber-Typen, in der zweiten Spalte sind alle 33 Unterkategorien dieser Treiber angeführt, um die es hier im Einzelnen geht. Die Spalten drei bis fünf zeigen dann der Reihe nach die drei Zeithorizonte – bis heute, bis 2050, 2050 bis 2100 – , innerhalb derer das IPCC angibt, ob sich das Klima in jeder einzelnen Kategorie verändert hat oder nicht, und wenn ja, in welche Richtung.

Die Veränderungen werden mit Farben gekennzeichnet: Orange bedeutet abnehmend, blau sagt zunehmend. Ist eine Farbe fettgedruckt, besteht hohes Vertrauen in diese Aussage (High confidence), ist sie blassgedruckt, beruht die Aussage nur auf mittlerem Vertrauen (Medium confidence). Und bleibt eine Zelle weiss (Low confidence), gibt es keinen gesicherten Trend.

Was bis heute geschehen ist, entspricht Binsenwahrheiten – mehr nicht

Für eine Zusammenfassung lasse ich alles Blassgedruckte weg: Aussagen, die nur auf mittlerem Vertrauen beruhen, sind zu umstritten, als dass sie nach aussen als «gesichert» gelten können (für die wissenschaftliche Debatte sind sie natürlich weiterhin interessant). Somit lässt sich zusammenfassen, was der Weltklimarat über die drei Zeitperioden genau sagt.

Was bisher geschehen ist: Die mittleren Temperaturen sind fast überall gestiegen; in den Tropen und den meisten mittleren Breiten gibt es mehr Hitzewellen; das arktische Meereis ist geschmolzen; die mittlere Meerestemperatur sowie das CO2 in der Atmosphäre über dem Boden sind gestiegen. Das sind aber alles Binsenwahrheiten, denn wenn die Temperatur steigt, ist es selbstverständlich, dass Hitzewellen häufiger werden, dass das Meer sich erwärmt und dass das Eis darauf schmilzt.

Keine Trends bei Stürmen, Überschwemmungen, Dürren, Erdrutschen, usw.

Aufschlussreich ist deshalb, bei welchen Kategorien das IPCC selber sagt, dass es bisher keine Trends gibt (weisse Zellen): bei Frost; bei mittleren Niederschlägen, Flussüberschwemmungen, Starkregen, Erdrutschen, Trockenheit, Dürren und Feuerwetter; bei mittleren Windgeschwindigkeiten, starken Wind-, Sand- und tropischen Wirbelstürmen; bei Schnee, Gletscher und Eis, Permafrost, starkem Schneefall, Eissturm, Hagel und Schneelawinen; bei Meeresspiegelanstieg, Küstenüberschwemmungen und -erosion; bei Meereshitzewellen, Meeresversauerung und -versalzung sowie gelöstem Sauerstoff aus den Meeren.

Die Diskrepanz zwischen den Erkenntnissen des Weltklimarats und den immer schrilleren Warnungen von Alarmisten wird immer grösser.

Und was geschieht in Zukunft? Fast nichts! Denn mit hohem Vertrauen kündigt der Weltklimarat nur zwei neue Entwicklungen an: Die mittlere Regenmenge wird sich verändern (je nach Region zunehmend oder abnehmend) und die Versauerung der Meere wird steigen. Darüber hinaus soll das Abschmelzen des Meereises über die Arktis hinausgehen.

Das Wenige, was bis 2100 geschehen soll, gilt nur im Extremfall

All das aber gilt nur, wenn die Zukunft dem IPCC-Szenario RCP-8.5 folgt, wie das im Titel der Spalten vier und fünf angemerkt ist. Mit RCP-8.5 beschreibt der Weltklimarat ein Extremszenario, in dem angenommen wird, dass alle Länder ihre limitierte Klimapolitik von etwa 2010 unverändert bis 2100 beibehalten und keine Verbesserungen vornehmen, was zu massiven weiteren CO2-Emissionen führen würde. Bereits heute ist aber klar, dass sich die Welt nicht auf dem Weg dieses Szenarios befindet. Und jede klimafreundlicher gestaltete Zukunft hätte zur Folge, dass die wenigen Voraussagen des IPCC zu mehr Extremwettern noch unwahrscheinlicher würden.

Aufgrund des physikalischen Grundlagenberichts, der als unangefochtene Instanz der Klimawissenschaft gelten kann, lässt sich folgendes Fazit ziehen: In der aktuellsten Version dieses Berichts kommt das IPCC zum Schluss, dass wir bis heute in keiner einzigen Klimatreiber-Kategorie (sprich Extremwetter-Kategorie) global einen Trend feststellen können, der über Binsenwahrheiten hinausgeht: Ja, die Erderwärmung führt zu mehr Hitzewellen, das Meer erwärmt sich und das Meereis schmilzt teilweise – aber mehr ist da bisher nicht. Und fast noch verrückter: Selbst bis ins Jahr 2100 (nicht nur bis 2050) sagt der Weltklimarat nur bei Unterstellung seines bereits heute unrealistischen Extremszenarios voraus, dass es weltweit zwei bis drei Veränderungen bei Extremwettern geben könnte – selbst in diesem langen Zeitraum passiert sonst nichts.

Die Diskrepanz zwischen den Erkenntnissen des Weltklimarats und den immer schrilleren Warnungen von Alarmisten wird immer grösser.

2 Kommentare zu “Was der Weltklimarat über Extremwetter wirklich sagt

  1. Pingback: Facts about climate change that should not be so – test

  2. Torsten Gürges
    Torsten Gürges

    Die Punkte, die im Artikel aufgezählt werden, sind allesamt wichtig.
    Der Fachteil der IPPC Berichte ist wesentlich weniger von Alarmstimmung geprägt als die Kurzfassung für „Policymakers“, die politisch motiviert massiv gekürzt wird und hauptsächlich die Extremszenarien beleuchtet.
    Was hingegen nicht angesprochen wird, ist die Qualität der beitragenden Studien selbst!
    Sicherlich gibt es dabei handwerklich gute, wissenschaftlich fundierte Arbeiten, keine Frage. Das gilt für einen grossen Teil der beitragenden Wissenschaftler. Das ist die gute Nachricht.
    Leider gibt es aber auch das Gegenteil.
    Ich habe es schon des Öfteren angesprochen: Die Qualität mancher wiss. Arbeit ist inzwischen, derart gering, dass man sich die Haare raufen möchte, schon ob der methodischen Fehler. Wenn es von den ungeeigneten Methoden dann noch zu fragwürdigen Schlussfolgerungen geht, teilweise Messdaten verwendet werden, die in keiner Weise geeignet sind – oder gleich ein theoretisches Modell mit „x“ Parametern eingeführt wird, die dann in der einen wie in der anderen Weise angepasst werden, um das „gewünschte“ Ergebnis zu erhalten, dann ist massive Vorsicht geboten. Das Problem des „overfitting problem“ wird hier anhand einer Anekdote von Freeman Dyson über Enrico Fermi und John von Neumann dargestellt:

    https://en.wikipedia.org/wiki/Von_Neumann%27s_elephant

    Wenn dann „fragwürdige“ Studien in der Beurteilung hochgewichtet werden (oder gar in der Kurzfassung allein auftauchen), ist das etwas, das man berücksichtigen sollte, wenn man die Alarmstimmung insgesamt beurteilt.

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