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Wind- und Sonnenstrom treiben die Preise in die Höhe

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Der Originalbeitrag ist als „Schlumpfs Grafik 81“ im Online-Nebelspalter vom 11. September 2023 zu lesen.

Die Strompreise in der Schweiz steigen nächstes Jahr um durchschnittlich 18 Prozent. Das hat die Eidgenössische Elektrizitätskommission (Elcom) letzte Woche bekannt gegeben (siehe hier). Doch die Preise könnten bald noch viel höher steigen – besonders dann, wenn das Land im grossen Stil Solarpanels und Windräder aufstellt. Das legen jedenfalls Zahlen der amerikanischen Bank J.P. Morgan zu den Strompreisen in Europa nahe.

Immer wieder wird zwar behauptet, dass Wind- und Sonnenstrom mindestens konkurrenzfähig, wenn nicht sogar billiger seien als Strom aus fossilen oder nuklearen Quellen. Das stimmt aber nur dann, wenn bei der Preisberechnung die fundamentalen Unterschiede zwischen der Stromproduktion aus Erneuerbaren und aus konventionellen Kraftwerken ausgeblendet werden. Berücksichtigt man jedoch die Auswirkungen des unzuverlässig anfallenden Ertrags aus Fotovoltaik- und Windkraftanlagen, wird klar, dass ein starker Ausbau dieser Erneuerbaren die Strompreise in die Höhe treibt.

Empirisch gestützt wird dieser Befund durch die Tatsache, dass in Europa diejenigen Länder mit der höchsten Wind- und Sonnenstromproduktion auch die höchsten Konsumentenpreise für Strom haben.

Was wichtig ist:

– Dänemark und Deutschland haben die höchsten Strompreise in Europa und auf der Welt.
– Dänemark und Deutschland gehören zu den fünf europäischen Ländern, die pro Kopf am meisten Wind- und Solarstrom erzeugen.
– Die niedrigsten Strompreise haben Ungarn und Bulgarien, wo die neuen Erneuerbaren nur eine geringe Rolle spielen.

Üblicherweise werden Kostenvergleiche von Stromerzeugern anhand der Stromgestehungskosten über den ganzen Lebenszyklus gemacht, den sogenannten Levelized Cost of Energy (LCOE). Dabei werden die Kosten für den Bau, den Betrieb und den Rückbau der Anlage durch die Summe des insgesamt produzierten Stroms geteilt. Das Ganze wird mit einem Zinssatz abdiskontiert.

Bei Wind- und Solaranlagen sind Backup und Speicher nötig

Mit einer solchen Rechnung wird aber die Unberechenbarkeit und Unzuverlässigkeit des Wind- und Sonnenstroms nicht berücksichtigt, was die Berechnung wertlos macht. Leider hat sogar Axpo-Chef Christoph Brand letztes Jahr in einem NZZ-Interview behauptet, Solar-Grossanlagen seien kostengünstiger als Kernkraftwerke (siehe hier). Diese Aussage machte er aufgrund einer LCOE-Berechnung.

Bei dieser Betrachtung wird ausser Acht gelassen, dass ein starker Zubau von Wind- und Solaranlagen zwingend kostenintensive Massnahmen erfordert, die in der LCOE-Rechnung nicht erscheinen: Konventionelle Backup-Kraftwerke müssen in Betrieb bleiben oder neu gebaut werden, um bei Dunkelflauten einzuspringen. Speicherkapazitäten müssen für die kurzzeitige, vor allem aber für die saisonale Überbrückung mit Strom gebaut werden. Zudem braucht es Anpassungen und Ausbauten beim Stromnetz.

Deutsche Wind-und Solarleistung übertrifft den Verbrauch um das Doppelte

Weiter muss mitberücksichtigt werden, dass der Strommarkt kaputt geht, wenn Wind- und Solaranlagen überschüssigen Strom produzieren, den niemand braucht. Grosse Überkapazitäten an Solar- und Windleistung sind aber zwingend, damit ein solches System wenigstens einigermassen funktioniert: In Deutschland sind derzeit über 140 Gigawatt an Solar- und Wind-Leistung installiert, obwohl der Verbrauch maximal 70 Gigawatt beträgt.

Dass all diese Massnahmen die Strompreise in die Höhe treiben, versteht sich eigentlich von selbst. Die folgende Grafik zeigt das am Beispiel der EU-Länder:

Quelle: Eurostat / J.P. Morgan

Die Grafik ist dem jährlichen Energiebericht der Abteilung Asset & Wealth Management der amerikanischen Bank J.P. Morgan entnommen (siehe hier). Auf der horizontalen x-Achse zeigt die Grafik für jeden der 27 Mitgliedstaaten der EU, wieviel Strom pro Kopf mittels Wind und Sonne generiert wird (die Angabe Terawattstunde pro Kopf ist offensichtlich falsch, es muss Megawattstunde pro Kopf heissen). Auf der vertikalen y-Achse kann man ablesen, was der Strom für einen durchschnittlichen Haushalt eines Landes kostet (in Euro pro Kilowattstunde). Die Zahlen stammen von Eurostat, der Datenbank der EU, und beziehen sich auf das zweite Halbjahr von 2021.

Je mehr eigener Grünstrom, desto höher die Preise

Die eingetragene gestrichelte Trendkurve ist aufschlussreich: Von wenig selbsterzeugtem Grünstrom und tiefen Preisen (links unten) steigt die Kurve zu viel grünem Strom und hohen Preisen an (rechts oben). Ungarn (HU) und Dänemark (DK) als Extremfälle bezüglich des Preises verdeutlichen das: Dänemark weist siebenmal mehr Grünstrom pro Kopf aus als Ungarn, hat aber gleichzeitig Strompreise, die 3,5-mal höher liegen.

In der Grafik ist allerdings ein hoher Streubereich erkennbar, was zu einzelnen Abweichungen von der Grundtendenz führt: In Belgien (BE) um Beispiel sind die Preise doppelt so hoch wie in den Niederlanden (NL), obwohl die beiden Länder praktisch die gleiche Produktion an Grünstrom pro Kopf haben. Umgekehrt haben Norwegen (NO) und Italien (IT) fast den gleichen Preis, obwohl Norwegen doppelt so viel Grünstrom wie Italien erzeugt.

Auch wenn es von Land zu Land beträchtliche Unterschiede und Abweichungen gibt, ist doch offensichtlich, dass ein Ausbau von Wind- und Sonnenstrom die Kosten für Konsumenten tendenziell stark nach oben treibt.

1 Kommentar zu “Wind- und Sonnenstrom treiben die Preise in die Höhe

  1. Paul Kundert
    Paul Kundert

    Danke für all die Informationen die wir von ihnen bekommen.

    Wasser, Atom, Netz, Erneuerbare
    In der Reihenfolge sollte unser Ausbau der zukünftigen Energieproduktion lauten. Und das nicht in 20 bis 30 Jahren, sondern in 40 bis 60 Jahren.
    Beim Wasser kann man mit „wenig“ Mittel sehr schnell zusätzliche TWh generieren. Sehr schnell ist relativ nach dem politischen Entscheid der Walliser.
    Atom ist ein langfristiges Prozedere. Bringt aber die besten Kostenverhältnisse bei sehr langer Laufzeit
    Netz muss vor Erneuerbaren kommen. Und Netz ist wirklich teuer.
    Erst zum Schluss kann man zusätzliche Erneuerbare zubauen, wenn die „Backup-Kraftwerke“ Wasser und Atom heissen. Und nur mit ausgebautem Netz kann der Flatterstrom verkraftet werden.

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