Der Originalbeitrag ist als „Schlumpfs Grafik 163“ im Online-Nebelspalter vom 6. Oktober 2025 zu lesen.
Soeben ist der neueste «Index für wirtschaftliche Freiheit 2025» erschienen (siehe hier). Dieser Index vergleicht Daten aus 165 Ländern anhand verschiedener wirtschaftlicher Freiheitskriterien. Seit dem Jahr 2000 ist die Wirtschaftsfreiheit im globalen Rahmen gestiegen, allerdings massiv unterbrochen durch die Corona Pandemie. Wie gewohnt steht die Schweiz im Ranking sehr weit oben, dieses Jahr auf dem vierten Platz. Der Index geht ausserdem auf die Zusammenhänge zwischen wirtschaftlicher Freiheit und Wohlstandsindikatoren ein: Dabei besteht eine eindrückliche Korrelation zwischen mehr Freiheit des Wirtschaftens und mehr Wohlstand.
Was wichtig ist:
– Im neuesten «Index für wirtschaftliche Freiheit 2025» stehen vier Länder deutlich an der Spitze: Hongkong, Singapur, Neuseeland und die Schweiz.
– Am Schluss dieser Rangliste findet man auf den Plätzen 162 bis 165 Algerien, Sudan, Simbabwe und Venezuela.
– Die positive Entwicklung der globalen Wirtschaftsfreiheit seit 2000 wurde durch Corona massiv gestoppt.
– Alle Statistiken zeigen eine klare Korrelation zwischen mehr Wirtschaftsfreiheit und mehr Wohlstand.
Seit vielen Jahren wird der «Economic Freedom of the World Report» vom wirtschaftsliberalen kanadischen Thinktank Fraser Institute jährlich neu herausgegeben (siehe hier). Im Vorwort der aktuellen Ausgabe 2025, die sich auf die letzten zur Verfügung stehenden Daten aus dem Jahr 2023 bezieht, werden wirtschaftliche Freiheiten beschrieben: «als Teilbereich menschlicher Freiheiten, die wirtschaftliche Aktivitäten betreffen, wie Handeln und Verträge schliessen, sowie den Besitz und die Nutzung von produktivem Eigentum. […] Individuen sind wirtschaftlich freier, wenn sie mehr eigene wirtschaftliche Entscheidungen treffen können und andere ihnen wenig oder weniger strenge Einschränkungen auferlegen. Dabei müssen die Rechte anderer respektiert werden.»
Wirtschaftsfreiheit wird in fünf Bereichen gemessen
Der Index misst die wirtschaftliche Freiheit anhand von 45 Komponenten und Subkomponenten. Diese sind in fünf Bereiche unterteilt:
- Grösse des Staatsapparats
- Rechtssystem und Eigentumsrechte
- Solide Währung
- Freiheit des internationalen Handels
- Regulierung
Alle Bereiche werden auf einer Skale zwischen null (Minimum) und zehn (Maximum) bewertet.
Beim Kriterium Währung liegt die Schweiz an der Weltspitze
Das Ranking in den fünf Teilbereichen sieht bei der Schweiz, die mit 8,25 Punkten auf dem vierten Gesamtrang liegt, so aus:

Wie zu erwarten, liegt unser Land beim Kriterium starke Währung (Sound Money) an der Weltspitze. Bei Regulierung und Rechtssystem haben wir ebenfalls sehr gute Rangierungen, in beiden Bereichen sind wir aber etwas zurückgefallen. Im Bereich Grösse des Staatsapparats findet man die Schweiz jedoch erst auf Rang 28. Und am schlechtesten schneidet sie bei der internationalen Handelsfreiheit ab: Platz 53 deutet darauf hin, dass bei uns eine gewisse Tendenz zu wirtschaftlicher Abschottung besteht.
Globale Entwicklung
Die folgende Grafik zeigt den jährlichen Durchschnitt aller Länderwerte bezüglich Wirtschaftsfreiheit seit dem Jahr 2000:

Die obere durchgezogene blaue Kurve zeigt den ungewichteten globalen Durchschnittswert für jedes Jahr zwischen 2000 und 2023. Die gestrichelte blaue Kurve darunter stellt den nach Bevölkerungsgrösse gewichteten Durchschnitt der Länder dar: Weil viele der bevölkerungsreichsten Länder vergleichsweise tiefere Freiheitswerte haben, liegt der Schnitt bei dieser Kurve deutlich tiefer.
Einschnitte wegen Bankenkrise und Corona
Entscheidend ist aber vor allem die generelle Entwicklung in diesem Zeitraum: Nach einem Anstieg bis 2007 fällt der Index mit der Bankenkrise 2008 ein erstes Mal zurück. Dann folgt ein weiterer mehr oder weniger gleichmässiger Anstieg bis 2019. Die Corona-Krise 2020 verursacht dann den stärksten Einbruch (bevölkerungsgewichtet ist er deutlich kleiner), der bis heute noch nicht vollständig kompensiert worden ist. Weil der Stand der Freiheit wirtschaftlichen Handelns 2023 gleich hoch ist wie 2012, haben wir wegen Corona ein ganzes Jahrzehnt verloren. Trotzdem ist die Wirtschaftsfreiheit seit dem Jahrtausendwechsel im globalen Massstab klar gewachsen.
Zusammenhang mit Wohlstandsfaktoren
Wie kann man nun diese Entwicklung mit dem Fortschritt bei einzelnen Wohlstandsfaktoren vergleichen? Der Index macht dies, indem er bei der Wirtschaftsfreiheit für alle Länder mit dem Durchschnitt ihrer Jahreszahlen über die ganze Periode 2000 bis 2023 rechnet. Diese Werte, auf der x-Achse von links nach rechts angeordnet, werden dann mit den verschiedenen Wohlstandsindikatoren auf der y-Achse in Beziehung gebracht. Auf diese Weise zeigt die nächste Grafik als Beispiel den Zusammenhang von durchschnittlicher Wirtschaftsfreiheit mit dem Bruttoinlandprodukt pro Kopf von 2023 (BIP, englisch GDP) für jedes einzelne Land:

Das BIP pro Kopf von 2023 wird in Internationalen Dollar angegeben, die Skala reicht bis 160’000 Dollar. Die durchschnittliche Wirtschaftsfreiheit wird auf der Skala des hier besprochenen Index aufgezeichnet. Zusätzlich werden alle Länder mit Farben in vier gleich grosse Gruppen eingeteilt: Im obersten Quartil befinden sich die 25 Prozent der Länder mit der grössten Wirtschaftsfreiheit (blau, Freest Average). Im untersten Quartil sind die 25 Prozent der Länder mit der kleinsten Wirtschaftsfreiheit versammelt (rot, Least-Free Average). Dazwischen befinden sich entsprechend die beiden mittleren Quartile (grün und orange). Zusätzlich gibt die Grösse der Länderkreise die Bevölkerungsgrösse an.
Die Schweiz ist zurückgefallen
Schauen wir kurz auf den kleinen Punkt der Schweiz mit einem Freiheitswert von rund 8,4 und einem BIP von rund 94’000 Dollar (die genauen Zahlen sind nicht angegeben). Dabei sieht man erstens, dass die Schweiz mit dem in der ersten Grafik gezeigten aktuellen Freiheitswert von 8,28 für 2023 gegenüber ihrem langjährigen Durchschnitt offenbar zurückgefallen ist. Und zweitens sieht man, dass das BIP der Schweiz gegenüber dem Spitzenreiter der Wirtschaftsfreiheit Hongkong grösser ist: Grössere Freiheit bedeutet also in diesem Einzelfall nicht grösseres BIP pro Kopf.
Klare generelle Korrelation von Freiheit und BIP
Trotzdem gibt es eine klare Korrelation zwischen zunehmender wirtschaftlicher Freiheit und steigendem BIP, und zwar im Gruppendurchschnitt. Denn der Durchschnittswert des BIP pro Kopf im blauen ersten Quartil von 66’434 ist fast doppelt so hoch wie derjenige im zweiten grünen Quartil (34’601). Und dieser Zusammenhang gilt generell – immer mit einzelnen Ausreissern – für das Verhältnis aller Quartile zueinander.
Auf den Punkt gebracht kann man die Korrelation zwischen Wirtschaftsfreiheit und BIP pro Kopf so zusammenfassen: Die Menschen in den 25 Prozent wirtschaftlich freiesten Länder verdienen im Schnitt gut sechsmal so viel wie die Menschen in den 25 Prozent am wenigsten freien Länder.
Auf diese Weise lässt sich der Zusammenhang von wirtschaftlicher Freiheit und anderen Wohlstandsfaktoren pointiert zusammenfassen (im Bericht hat es für jeden Punkt eine eigene Grafik im Stile der oben gezeigten für das BIP):
- Die ärmsten zehn Prozent der Bevölkerung in den freiesten Ländern erwirtschaften ein Pro-Kopf-Einkommen, das achtmal höher ist in als bei den ärmsten zehn Prozent in den unfreiesten Ländern.
- Im wirtschaftlich unfreisten Viertel aller Länder sind 25mal mehr Menschen von extremer Armut betroffen als im freiesten Viertel.
- Die Lebenserwartung im wirtschaftlich freiesten Viertel ist 17 Jahre höher als im unfreiesten Viertel.
- Die Kindersterblichkeit im wirtschaftlich unfreiesten Viertel ist zehnmal höher als im freiesten Viertel.
- Menschen in den 25 Prozent freiesten Ländern sind glücklicher als Menschen in den 25 Prozent unfreiesten Ländern der Welt.
- Im Vergleich zu den wirtschaftlich unfreiesten Ländern schneiden die freiesten Länder beim Umweltschutz deutlich besser ab.
Fazit: Offensichtlich besteht ein enger Zusammenhang zwischen steigender wirtschaftlicher Freiheit und steigendem Wohlstand: Die Schweiz tut also gut daran, alles zu unternehmen, damit sie ihre weltweite Spitzenposition halten kann.
Es bestätigt sich hier eine Entdeckung aus dem Mittelalter, als die freien Reichsstädte mit ihrer zünftischen und protodemokratischen Gesellschaftsordnung merkten, dass mit einem freien Gewerbe Reichtum zu erzielen war. „Stadtluft macht frei“, hiess darum die Devise. Schön, dass unter andern gesellschaftlichen Bedingungen ein freiheitlicher und demokratischer Rechtsstaat noch immer ein Erfolgsmodell darstellt.