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Unsere Energiewende wird teuer

Alle Kernkraftwerke und alle fossilen Heiz- und Brennstoffe mit ausschliesslich erneuerbaren Energien zu ersetzen, ist eine kaum lösbare Herkulesaufgabe. Wie teuer uns eine solche Energiewende zu stehen kommt, beziffert eine Studie der ETH Lausanne.

Der Originalbeitrag ist als „Schlumpfs Grafik 39“ im Online-Nebelspalter vom 18. April 2022 zu lesen.

Vor zwei Wochen habe ich diese Studie (Andreas Züttel et al., 2022, siehe hier) bereits unter dem Aspekt der technischen Anforderungen analysiert (siehe hier). Heute geht es um die wirtschaftlichen Auswirkungen, mit denen sich die Forscher ebenfalls auseinandergesetzt haben.

Die Kosten für einen solchen Umbau des Energiesystems setzen sich zusammen aus einmaligen Investitionskosten und jährlich wiederkehrenden Betriebskosten. Beginnen wir mit diesen auch OpEx genannten Betriebsausgaben, die einen funktionierenden Geschäftsbetrieb ermöglichen. Darin enthalten sind Kosten für Roh- und Betriebsstoffe, Personalkosten, Energiekosten und Kosten für Vertrieb und Verwaltung.

In der folgenden Grafik, die nach Rücksprache mit dem Hauptautor der Studie, Professor Andreas Züttel, entstanden ist, sind diese jährlichen Betriebsausgaben als Kosten pro Kopf der Bevölkerung dargestellt, jeweils unterteilt für die drei in der Studie untersuchten Varianten zukünftiger Energiesysteme.

Alle Zahlen der Studie beziehen sich auf reale Kosten im Jahr 2019, zukünftige Preisentwicklungen sind nicht berücksichtigt. Im untersten violetten Kostenblock «Bisherige» ist unser bisheriges Elektrizitätssystem ohne die Kernkraftwerke erfasst. Der bedeutendste Anteil daran kommt aus der Wasserkraft.

Betriebskosten durch Elektrifizierung steigen um 23 Prozent

In der ersten Variante «Elektrisch» wird der Strom aus Kernkraftwerken und sämtliche fossilen Brenn- und Treibstoffe durch Elektrizität aus Solaranlagen ersetzt. Das hat zur Folge, dass die heute für Fotovoltaik (PV) sinnvoll nutzbare Dachfläche der Schweiz um das Dreifache ausgebaut werden muss: Das gelbe Preisschild in der Grafik gibt dafür Pro-Kopf-Kosten von 366 Franken an. Weil der Strom aber zusätzlich gespeichert werden muss, entstehen weitere Kosten: Für die Tag/Nacht-Speicherung in Batterien 356 Franken (grau) und für die saisonale Speicherung in Wasserkraftwerken 236 Franken (blau).

Da die Herstellung von Kerosin nicht elektrisch machbar ist, kommt noch ein letzter Kostenteil für die Produktion eines synthetischen Flugtreibstoffs dazu, der zuoberst rosa mit 1220 Franken beziffert ist. Insgesamt betragen die jährlichen Betriebskosten in einem solchen maximal elektrifizierten System also 3678 Franken pro Kopf. Als Vergleichsgrösse habe ich bei 3000 Franken eine schwarz gestrichelte Linie eingezeichnet: Das ist das, was wir heute für unseren gesamten Energieverbrauch ausgeben. Die Elektrifizierung würde somit einer Steigerung um 23 Prozent entsprechen.

Die Variante «Elektrisch» ist nicht realisierbar

Das dürfte finanziell tragbar sein – der Haken ist aber, dass dieses System technisch nicht realisierbar ist. Und zwar wegen der hier angenommenen Saisonspeicherung in Wasserkraftwerken. Die Studie spricht bei diesem Punkt klar von Pumpspeicherwerken, die notwendig sind, um den Überschussstrom aus dem Sommer für die Wintermonate in Speicherseen zu speichern. Bei der Darstellung der Grössenordnungen, wie das zu erreichen ist, benutzen die Forscher aber Grande Dixence – eine reine Speicheranlage, die für diesen Zweck nicht ausgerüstet ist.

Was Grande Dixence fehlt sind einerseits die Pumpanlagen für das Hochpumpen des Wassers und andrerseits ein unteres Ausgleichsbecken für die Speicherung des Wassers. Technisch gerüstet für die geforderte saisonale Speicherung wäre in der Schweiz zum Beispiel das Pumpspeicher-Kraftwerk Linth-Limmern. Allerdings müssten für die hier angenommenen 18 Terawattstunden Stromspeicherung 660 solche Grossanlagen neu gebaut werden – bei Investitionskosten von 2,1 Milliarden Franken pro Werk. Es versteht sich von selbst, dass dies vollständig unrealisierbar ist, und zwar nicht nur wegen den Kosten, sondern auch aus geologischen und technischen Gründen (mehr dazu hier).

Erwähnenswert ist noch, was es bedeuten würde, wenn die Sommer-Winter-Speicherung mit Batterien statt Wasserspeicherung gemacht würde, was technisch möglich wäre. Die jährlichen Pro-Kopf-Kosten würden so von 236 Franken auf über 36’000 ansteigen (!), und die globale Produktion von Lithium-Batterien müsste um den Faktor 30 gesteigert werden, allein um die Schweiz zu versorgen.

Ohne Elektrifizierung steigen die PV- und Batteriekosten markant

Die saisonale Speicherung muss also mit anderen Technologien gemeistert werden. Das geschieht in der Studie mit den Varianten «Wasserstoff» und «Synfuel». Wegen Wirkungsgradverlusten bedeutet das aber für beide dieser Systeme, dass die benötigte Solarfläche viel grösser sein muss als im elektrischen System. Und als Folge davon braucht man auch wesentlich grössere Batteriekapazitäten für die Tag/Nacht-Speicherung. Wie aus der Grafik ersichtlich, sind deshalb die entsprechenden gelben und grauen Kostenblöcke beim «Wasserstoff»-System mehr als zweimal, und beim «Synfuel»-System mehr als viermal grösser als im elektrischen System.

Im System «Synfuel» ist die Saisonspeicherung 20-mal teurer als elektrisch

Noch schlechter sieht es beim Vergleich der Kosten für die matchentscheidende Saisonspeicherung aus. Die 236 Franken für die (illusorische) Wasserspeicherung im System «Elektrisch» steigen im «Wasserstoff»-System durch den Betrieb von Elektrolyseanlagen und unterirdischer H2-Speicherung auf 985 Franken (grün), das ist gut viermal mehr. Und im «Synfuel»-System wären sogar mit 20-fach höheren Kosten von 4774 Franken zu rechnen (rot), weil hier die sehr ineffiziente CO2-Abscheidung aus der Luft stark ins Gewicht fällt.

Schliesslich gibt es in jedem System noch «systemfremde» Teile, die ich mit einem grauen Rahmen speziell gekennzeichnet habe. Wie schon gezeigt, benötigt das elektrische System für den Kerosin-Ersatz die Technologie des «Synfuel»-Systems, und zwar mit einem Anteil von 15 Prozent (rosa). Dasselbe gilt auch im «Wasserstoff»-System. Weil dort und auch im «Synfuel»-System die Kernkraftwerke aber direkt elektrisch mit Solarstrom ersetzt werden, entsteht so noch ein Zusatz von 33 Prozent elektrisch (dunkelgelb).

10’000 bis 25’000 Franken mehr jährliche Energiekosten für eine Familie

Die heute pro Kopf anfallenden totalen Energieausgaben für Heizung, Mobilität und Strom von jährlich 3000 Franken steigen also bei allen drei in dieser Studie betrachteten Energiewende-Systeme an: Im rein elektrischen System um 23 Prozent, im System «Wasserstoff» um 90 Prozent und mit dem Einsatz von synthetischen Kohlenwasserstoffen um 225 Prozent. Für eine vierköpfige Familie würden dadurch die jährlichen Energieausgaben um 10’000 bis 25’000 Franken wachsen.

Das alles ist aber eher noch optimistisch gerechnet. Denn erstens wurde die Wasserkraft in der Studie als Bandenergie angenommen, die über das ganze Jahr gleich bleibt. In Wirklichkeit aber ist der Stromertrag aus den Wasserkraftwerken im Winter durchschnittlich nur 43 Prozent – und dies nach der Glättung durch all unsere Speicherseen. Weil wir aber im Winter mehr verbrauchen, würde die Berücksichtigung dieses Faktors dazu führen, dass die saisonale Speicheranforderung grösser als die hier veranschlagten 18 Terawattstunden wäre.   

Zusätzliche Pufferkapazitäten machen alles noch teurer

Und zweitens wird hier ein vollständig CO2-neutrales Energiesystem postuliert, das ausschliesslich auf der Elektrizitätserzeugung aus Wasser und Sonne beruht. Diese beiden nicht steuerbaren Produktionsformen schwanken aber stark in ihrem Jahresertrag: Die Wasserkraft beispielsweise in den letzten zehn Jahren zwischen 35 und 41 Terawattstunden. Weil die Studie aber überall von Durchschnittszahlen ausgeht, müssten noch zusätzliche Pufferkapazitäten hinzugerechnet werden, um das System gegen alle drohenden Knappheiten zu wappnen, womit alles noch teurer würde.

Investitionskosten von 160 bis 735 Milliarden Franken

Kommen wir zum zweiten Teil der Kosten, den auch CapEx genannten Investitionsausgaben, die für den Bau all der zusätzlich notwendigen PV-Anlagen, Batterien, Staumauererhöhungen, Elektrolyseanlagen, unterirdischen Speicherkavernen und chemischen Fabriken notwendig wären. Das sind in der Regel einmalige grosse Ausgaben, die je nach Lebenszeit der Anlagen über die Jahre amortisiert werden. In dieser Studie wird dafür der eher tief angesetzte Zinssatz von 2 Prozent verwendet.

13 bis 60 Mal die Kosten des Gotthard-Basistunnels

Für die Realisierung des Systems «Elektrisch» wären nach den Berechnungen der ETH-Forscher Investitionsausgaben in der Höhe von 161 Milliarden Franken nötig. Im wasserstoffbasierten System würden diese Kapitalkosten auf 326 Milliarden steigen und im «Synfuel»-System mit 735 Milliarden den maximalen Wert erreichen. Um sich eine Vorstellung dieser Zahlen machen zu können, vergleichen wir sie mit den 12 Milliarden Franken, die der Bau des Gotthard-Basistunnels gekostet hat – der längste Tunnel der Welt, mit einer Bauzeit von 17 Jahren. So gerechnet verschlingt das System «Elektrisch» 13 Mal, das System «Wasserstoff» 23 Mal und das System «Synfuel» 61 Mal die Kosten des Gotthard-Basistunnels.

Können Solarfarmen in Australien zur Lösung beitragen?

Weil das alles den Eindruck einer kaum lösbaren Herkulesaufgabe erweckt, stellt sich die Frage nach anderen Wegen. In der Studie werden zwei davon erwähnt. Im Zusammenhang mit der Frage des Strompotenzials aus PV-Anlagen wird erstens zu recht darauf hingewiesen, dass in Ländern im Äquatorbereich die Sonneneinstrahlung viel grösser und das saisonale Speicherproblem nicht existent ist. Wir könnten also beispielsweise in Australien grosse Solarfarmen aufstellen, daraus vergleichsweise billigen grünen Wasserstoff herstellen, diesen in riesigen Tankern nach Italien verschiffen und von dort via Pipeline in die Schweiz bringen.

Oder wir versuchen mit afrikanischen Ländern Abkommen zu schliessen, um synthetische Kohlenwasserstoffe zu importieren. Leider lassen die Erfahrungen, die wir mit Corona und jetzt mit dem Ukraine-Krieg gemacht haben, wenig Hoffnung, dass mit solchen bilateralen Abkommen eine Energieversorgungssicherheit aufgebaut werden kann. Sogar in Australien, das verlässlich scheint, hat die neu gewählte Regierungspartei den Kurs der Energiepolitik geändert.

Mit Gaskraftwerken bleiben 40 Prozent der CO2-Emissionen

Und als zweite Option gäbe es noch die Notlösung der Gaskraftwerke. Nach der Studie könnten sechs neu gebaute Gaskraftwerke zu je 1100 Megawatt, die 150 Tage im Jahr laufen würden, die Winterstromlücke stopfen. Das würde aber bedeuten, dass das eigentliche Ziel der ganzen Bemühungen, die vollständige Dekarbonisierung, verfehlt würde: Fast 40 Prozent der heutigen Treibhausgas-Emissionen würden weiterhin ausgestossen.

Kernkraftwerke sind die Lösung für das Winterstromproblem

Auch wenn die Studienautoren zu recht dafür plädieren, dass wir uns immer alle Wege offenhalten, die hier beschriebenen Technologien weiterentwickeln und auch miteinander kombinieren sollten, scheint eine solche Energiewende nicht zu gelingen. Und das Verrückte ist, dass ein Thema dabei völlig Tabu ist: die Kernkraft. Ausgerechnet derjenige Energieträger, der die grössten Probleme auf einen Schlag aus der Welt schaffen würde: Mit Kernkraftwerken wäre die Winterstromversorgung gesichert, ohne irgendwelche Speicherung. Und wir müssten nicht derart viel Siedlungsfläche für PV-Panels überbauen und keine Batterien in jedem Haus aufstellen. Damit könnten wir auch den gewaltigen Materialverschleiss verhindern, der durch die hier beschriebenen Energiesysteme verursacht wird.

11 Kommentare zu “Unsere Energiewende wird teuer

  1. Rechnungen erstellen auf einer völlig falschen Ausgangslage macht keinen Sinn. Der grösste Fehler an den ganzen Berechnungen sind die EPFL Potenzial-Studien. Hier ist aufgeführt, was die EPFL bei der Berechnung kategorisch falsch macht:
    https://www.pv2grid.ch/medien/artikel/epfl-pv-potenzial

    Dazu kommen weitere Punkte im Szenario:
    – Lastmanagement wird nicht beachtet, denn heute werden extra die steuerbaren Lasten in die Nacht gelegt -> Speicher Tag-Nacht
    – Pumpspeicherkraftwerke sind nicht für die saisonale Speicherung geeignet, sondern für Tag-Nacht und Spitzenbrechung
    – ….

  2. Guntram Rehsche

    Die von MS zitierte Studie wurde schon verschiedenenorts zerplückt – sie wird den heute beobachtbaren Verhältnissen einfach nicht gerecht. Ohne in die Details zu gehen, seien folgende ganz offensichtliche Argumente aufgeführt:

    – Das Solarpotential für CH wird massiv unterschätzt – eben hat die ZHAW in neuer Berechnung mindestens das Doppelte ergeben (siehe NZZ am Sonntag).

    – Der Autor dieser Zeilen kommt in eigener vereinfachender Rechnung auf noch viel höhere Zahlen – meine Berechnung: Rechnen wir also mit durchaus realistischen 400km2, die mit Modulen belegt werden können. Und dabei rechnen wir sehr konservativ mit 10m2 Flächenbedarf für 1KWp, also Stromleistung (bei heutiger Effizienz der Module braucht es eher nur noch deren 5 m2, eine Flächenreserve bleibt für Zufahrtswege etc.).
    Mit diesen Daten ergibt sich:
    – 1km2 = 1000*1000 = 1Mio m2
    – 400km2 = 400*1Mio m2 = 400 Mio m2 nutzbare Modulfläche – geteilt durch 10 für 1KWp
    – ergeben 40 Mio KWp = 40’000 MWp = 400 GWp = 400 TWh Stromertrag jährlich, fast das Doppelte an Energie (260 TWh), die die CH insgesamt verbraucht!
    Fazit: Die Schweiz kann nicht nur ihren Strombedarf (rund 60 TWh), sondern ihren gesamten Energiebedarf (rund 260 TWh) mit Solarenergie decken. Dem Speicherbedarf widmet sich Solarmedia ein anderes Mal! Wer Rechenfehler entdeckt: Bitte um Rückmeldung!

    – Während die AKW-Befürworter, zu denen Schlumpf ja eindeutig zu zählen ist (siehe Fazit «») technische Fortschritte bei der Kerntechnologie als quasi gottgeben voraussetzen (denn all die neuen Atomtechnologien SMR etc) gibt es in der Praxis ja noch nicht, werden für die EE in der Studie keinerlei technische Fortschritte angenommen. Damit liegt Schlumpf also doppelt falsch und sein Zahlenwerk entpuppt sich als das, was es meistens ist, nämlich entgegen aller Behauptungen reine Ideologie, geleitet vom Wunschdenken, der Kernenergie wieder zum Durchbruch zu verhelfen

    – Doch das wird auch aus gesellschaftspolitischen Gründen nicht geschehen. Der Widerstand gegen diese menschenverachtende, gefährliche und alles andere als nachhaltige Technologie ist und bleibt einfach zu gross. Welche Gefahren von AKW ausgehen, hat nicht zuletzt der Ukraine-Krieg wieder gezeigt – in dem wir offensichtlich nur ganz knapp einer radioaktiven Verseuchung entgangen sind . Kommen all die anderen Argumente hinzu, die gegen eine Ausbreitung der Atomwirtschaft sprechen – zu teuer, zu spät, auch in anderen Bereichen zu gefährlich, ungelöste Endlagerung, nicht versicherbare Schäden.

    Nachsatz zum Speichern: Übrigens haben Sie sich und das C-C-Netzwerk vor nicht allzu langem über die Möglichkeit mokiert, E-Mobil-Batterien bidirektional zu nutzen und damit den im Auto gespeicherten Strom auch wieder zu Hause zu nutzen. Wie bei allem Neuen was aus dieser Ecke kommt, schiessen Sie ja gewöhnlich aus allen Rohren, aber es kommt, siehe:

    file:///Users/guntramrehsche/Desktop/10827-MOBILITAET_Erlenmatt%20Ost_2022.03.17_BFE_Vogel_D.pdf

    https://www.youtube.com/watch?v=8PcTpawPzTQ

    • Martin Schlumpf

      Schön, dass Sie extra nachfragen, ob es einen Rechenfehler hat: Ja hat es, Sie liegen völlig daneben! Aus 40’000 MWp gibt es nur 40 GWp und nicht 400 – Sie liegen also um den Faktor 10 daneben. Wenn Sie aber nicht merken, dass aus der gesamten für PV nutzbaren Dachfläche in der Schweiz niemals 400 TWh Strom zu gewinnen sind, wie Sie behaupten (die von Ihnen erwähnte neue ZHAW-Studie kommt auf 50 TWh), haben Sie von der Sache keine Ahnung. Richtig gerechnet kommt man mit Ihren Annahmen auf 40 TWh, damit ist aber nicht einmal der Strombedarf gedeckt.
      Und hören Sie auf, mir Dinge zu unterstellen, die ich nie gesagt habe: Ich habe in keinem Satz etwas von den technnologischen Fortschritten der Kernenergie geschrieben, und dass bei den EE keine solchen gerechnet wurden liegt nicht an mir, sondern an der Studienanlage: Diese will ein Momentbild zeigen, eine sehr vernünftige Annahme, weil so alle Spekulationen um mögliche Verbesserungen ausgeschlossen sind.

      • Guntram Rehsche

        Danke an Alle, die geholfen haben mitzurechnen! Zu korrigierende Faktoren heben sich allerdings teilweise auf – deshalb ja auch die transparent gemachte Berechnung – Dank jenen, die das so verstehen und die Haker sollten sich mal selbst zuhören (Burri/Schlumpf).
        Zu korrigieren sind:
        – 5m2 Flächenbedarf (statt10) pro KWp
        – 40 GWp (statt 400) bei ursprünglicher Berechnung der möglichen Leistung
        – mit Fassaden und Infrastrukturen Flächenpotential gegen 800km2 (statt 400).
        – Total also 160 GWp = 160 TWh, immer noch 3faches des akt. Strombedarfs (60) und 3/5 des Gesamtenergiebedarfs
        Unabhängig von Zahlen gilt: Selbst den ärgsten Kritikern der CH-Solarwirtschaft scheint zu dämmern, dass in ihr eben doch ein gewaltiges Energiepotential schlummert. Zusammen mit der Wasserkraft wird es für Versorgungssicherheit sorgen. Wir müssen es nur anpacken und nicht verbohrt dagegen anschreiben!

        • Martin Schlumpf

          Typisch Rehsche: Er gibt nicht zu, dass er krass daneben liegt, sondern bringt sofort andere Rahmenbedingungen ins Spiel, die von seiner Unfähigkeit ablenken. Von Fassadenflächen war vorher nicht die Rede und durch welches Wunder soll der Flächenbedarf pro kWp nun einfach auf die Hälfte sinken? Ich wünschte mir eine differenziertere Betrachtung.

  3. Philippe Huber

    Ich kann mit bestem Willen einige Aussagen von M. Schlumpf nicht nachvollziehen! Wir importieren heute ca. 3/4 von unserem Energiebedarf aus Ländern, die viel unsicher sind als Australien oder Marokko. Z. B. aus Russland (Erdgas und Uranbrennstäbe), Gas und Öl aus dem nahem Osten, usw.
    Wieso sollen wir also in Zukunft nicht Wasserstoff und synthetische Treibstoffe importieren sollen, was spricht bitte dagegen, ist M. Schlumpf nicht mehr liberal und zu den Grünen und Sozis über gewandert?
    Kernenergie kann vielleicht helfen, aber dann müssen Vorfälle wie in Fukushima ausgeschlossen werden. Technisch ist es vielleicht möglich, aber ist es dann auch bezahlbar? Diese Antwort müssen die Kernenergiebefürworter liefern und bitte nicht mit Kosten von KKW in undemokratischen Ländern wie China und Russland argumentieren.

    • Herr Huber,
      Da habe ich aber sehr grosse Mühe mit Ihrer Argumentation:
      Erstens war Fukushima ein Tsunami welcher letztlich zur Folge hatte, dass zwei Reaktoren sehr stark beschädigt wurden und die Notkühsysteme versagten. Haptgrund dass dies so kam, waren Sparmassnahmen der Eigentümergesellschaft. Es gab rund 20’000 Todesopfer duch den Tsunami und immer noch rund 2’500 Vermisste, jedeoch keine Opfer durch das Versagen der Betreiber der Nuklearanlage (die Containments haben gehalten)!
      Zweitens, hätte man in W- Europa in den 1980-er Jahren aus politischen Gründen nicht die F&E Aktivitäten für Reaktortechnik praktisch auf Null hinunter gefahren, so wäre Europa heute sehr wohl in der Lage, mit modernen Gen IV Konzepten – modular aufgebaut – in den Weltmärkten tätig zu sein (z. B. die Forschungen in Jülich). Dies besonders im Gegensatz zu China, wo aus Gründen der rasanten gesellschaftlichen und industriellen Entwicklung seit dem Ende der Kulturrevolution und dem Einleiten der Deng Reform – u. a. Hunger überwinden! – einen enormen Aufbau- Bedarf an allem was Strom erzeugt, entstand (im Mittel +100 GW p.a.) (*). Nuklear war da immer ein Kriterium mit oberster Priorität. Also, wenn Sie argumentieren „… bitte nicht mit Kosten von KKW in …“ so schiessen Sie eigentlich ein Europäisches Eigentor. Man hat sich frei und willig aus dieser Liga verabschiedet.
      Drittens, hat man dagegen keine Hemmungen, rund 85% des Weltbedarfs am aktiven Material der PV Technik aus China liefern zu lassen, da verschliesst man dann auch die Augen bezüglich der potentiellen Hochrisiken bei allfälligen Chemie- Unfällen im Zusammnehang mit diesen Produktionsmethoden (Bophal lässt grüssen).
      (*) Ich hatte Mitte der 1990-er Jahre die oberste industrielle Verantwortung für den Bau von 124 thermischen Kraftwerken in China (neben gleichen Projekten besonders auch in Indonesien und Philipinen). Mein damaliger Geschäftssitz (HQ) war in HK.

    • Herr Huber,
      Ihr Kommentar kann nicht unwidersprochen bleiben.
      Erstens war «Fukushima» ein Tsunami Ereignis gigantischen Ausmasses, welches rund 20’000 bestätigte Todesopfer forderte und noch immer rund 2’500 Menschen vermisst werden. Dass im Zusammenhang mit dem Tsunami im KKW Fukushima Daiichi (drei der dortigen Reaktoren erlitten eine so genannte Kernschmelze). Ich zitiere nachfolgend aus einem Protokoll, zum Besuch einer CH Delegation vor Ort: «Die Untersuchungs- Kommission hat im Nachgang gute Arbeit geleistet und Prof. Kurokawa hat die Ursachen in einer geradezu un- japanischen Art beim Namen genannt: Das Unglück sei „made in Japan“. Die Verquickung von Politik, Administration, Aufsichtsorganen und Betreiber gepaart mit hoch gesteckten energie- und wirtschaftspolitischen Zielen hätten dazu geführt, dass Mängel im Sicherheitsdispositiv überhaupt möglich waren und sogar toleriert wurden».
      Oder im deutschen Klartext: Der Nuklearunfall ist auf mangelnde Wartung und Schlamperei zurückzuführen. Man muss jedoch auch notieren, dass es im Zusammenhang mit dem Nuklearunfall keine Todesfälle gab.
      Zweitens: In W- Europa hat man in den 1980-er Jahren F&W bezüglich Reaktor Technologie weitgehend aufgegeben (z. B. das Forschungszentrum Jülich). In China entstand nach den Wirren der Kulturrevolution und der eingeleiteten «Deng» Reform ein gigantischer Energiebedarf, nicht zuletzt auch um die chronischen Hungersnöte zu überwinden. Besonders schlug sich dies bezüglich der Bereitstellung einer verlässlichen Stromversorgung nieder. Man setzte zu allererst auf Kohle- und Wasserkraft-, später auch auf etwas Öl und Gas und immer mehr auf Nuklear (*). Seit über 10 Jahren gehen jährlich rund 100 GW an Leistung von Neuanlagen ans Netz, davon rund 10 Reaktoren.
      Dass damit auch viel Aufwand in F&W der Reaktortechnik floss und China heute auf diesem Gebiet führend ist, weist erst recht auf die Unterlassungen und Fehler der Europäer.
      (*) Ich hatte Mitte der 1990-er Jahre die oberste Verantwortung für den Bau von 124 thermischen Kraftwerken in China inne (neben ähnlichen Anlagen in Indonesien und Philipinen). Mein damaliger Geschäftssitz war in HK.
      Drittens: Verzetteln Sie sich in Widersprüche wenn Sie Argumentieren «… und bitte nicht mit Kosten von KKW in undemokratischen Ländern wie China … argumentieren …». Man akzeptiert jedoch ohne Hemmungen, dass 85% bis 90% des aktiven Materials der Solarzellen aus China kommen. Über die inhärenten Risiken – Chemieunfälle – dieser Produktion wird hierzulande auch nie gesprochen, Bhopal lässt grüssen.

      • Philippe Huber

        Sehr geehrter Herr Höhener
        auf meine Kritik sind sie leider konkret nicht eingegangen! Falls neue KKW doch irgendwann in der Schweiz wieder ein Thema werden sollen (und dagegen wehre ich mich nicht grundsätzlich), müssen die Befürworter der Kernenergie alle kritischen Fragen beantworten können. Können Sie z.B. ausschliessen, dass es über eine Lebensdauer von 50 … 60 Jahren auch in der Schweiz nie Schlampereien (Ihre Wortwahl!) geben wird oder aus Kostengründen notwendige Investitionen doch nicht rechtzeitig getätigt werden? Kaum, wenn Sie ehrlich sind! Oder es wird viel kosten, was die KKW-Betreiber auch hier ständig bemängeln, wenn sie dazu aufgefordert werden … Und es gibt viele weitere Fragen.

      • Arturo Romer

        Der Antwort von Herrn Höhener stimme ich vollständig zu. Ausgezeichnet!

  4. Franz-J. Schulte-Wermeling

    Neue Kernkraftwerke wären zwar die Lösung für das Winterstromproblem, sie können aber das CO2-Problem nicht lösen, obschon bei der Stromproduktion aus nuklearen Energieträgern kein CO2 emittiert wird:
    Zum Bau von Kernkraftwerken braucht es sehr viel (graue) Energie. Wegen ihrer langen Lebensdauer und der hohen Energiedichte des Urans erreichen Kernkraftwerke trotzdem einen hohen Erntefaktor, jedoch erfolgt ihre energetische Amortisation erst im Laufe mehrerer Jahrzehnte nach ihrer Inbetriebnahme.
    Daraus folgt, dass bei der Beurteilung der Klimafreundlichkeit des Atomstroms sowohl der Zeitpunkt als auch der Umfang der CO2-Emissionen der grauen Energie, welche zur Errichtung von zusätzlichen Atomkraftwerken erforderlich wären, berücksichtigt werden müssen:
    Angesichts der Tatsache, dass heute und in absehbarer Zukunft der anthropogene Energiebedarf weltweit zu 2/3 bis 3/4 noch durch fossile Energieträger gedeckt werden muss, entstehen beim Bau neuer Atomkraftwerken schon heute die zusätzlichen CO2-Emssionen, welche durch die Produktion von Atomstrom erst im Laufe der Jahrzehnte bis zur energetischen Amortisation der neuen Atomkraftwerke vermieden werden sollen. Weil diese zusätzlichen CO2-Emissionen den (nur mutmasslich anthropogenen) Klimawandel schon heute und nicht erst im Laufe der nächsten Jahrzehnte irreversibel beschleunigen, ist der Bau neuer Atomkraftwerke ebenso klimaschädlich wie der Ausbau anderer alternaiver Stromerzeuger,
    Bekanntlich ist es nicht einmal dem Lügenbaron Münchhausen gelungen, sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf zu ziehen.

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