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Atomstrom ist billiger als Solarstrom

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Dieser Beitrag ist am 14. November 2024 in der Weltwoche Nr. 46/24 erschienen.

Wer glaubt, Solarstrom könnte die Schweiz im Winter versorgen, irrt. Um nur ein einziges Kernkraftwerk zu ersetzen, müsste man die Alpen mit 5000 Solaranlagen zupflastern.

Immer wieder wird behauptet, es fänden sich keine Investoren für neue Kernkraftwerke, weil diese im Vergleich zur günstigeren Solarenergie viel zu teuer seien. Diese Argumentation ist aber falsch, weil sie nicht berücksichtigt, dass nicht steuerbarer Sonnenstrom mit zuverlässig fliessendem Atomstrom eigentlich nicht vergleichbar ist. Und weil sie zudem meist unterschlägt, dass aus Kernkraftwerken pro Leistungseinheit viel mehr Energie erzeugt werden kann als aus Solarmodulen – was sich besonders im Winter bemerkbar macht.

Machen wir die Probe aufs Exempel und vergleichen die Stromkosten einer alpinen Solaranlage mit den Stromkosten des bis heute teuersten europäischen Kernkraftwerks. Ich wähle eine alpine Solaranlage, weil wir so die generelle Winterschwäche der Solarenergie in der Schweiz weitgehend ausser Acht lassen können. Konkret rechne ich mit der grössten in der Schweiz gebauten alpinen Solaranlage AlpinSolar, die von der Axpo betrieben wird, sowie mit dem EPR-Kernkraftwerk Olkiluoto 3 in Finnland. Beide Anlagen sind 2022 ans Netz gegangen.

Kurze Lebensdauer, hohe Kosten

Weil wir Stromversorgungsprobleme in der Schweiz nur im Winter haben, mache ich meine Vergleichsrechnung nur für diese Zeit. Wie gross ist also der Stromertrag der beiden Anlagen im Winterhalbjahr? Bei AlpinSolar stütze ich mich auf die erste Betriebsabrechnung der Axpo für das Jahr 2023. Mit der dort ausgewiesenen Jahres-Strombilanz und mit der Information, dass der Winteranteil 43 Prozent betrug, ergibt sich für AlpinSolar im Winter 2023 ein Stromertrag von knapp 1,3 Gigawattstunden. Bei Olkiluoto 3 gehe ich von einer 95-Prozent Arbeitsauslastung im Winter aus, was einen Stromertrag von gut 6600 Gigawattstunden ergibt.

Um mit AlpinSolar die gleiche Menge Winterstrom zu erzeugen, die Olkiluoto 3 liefert, müssten also 5075 dieser Solaranlagen gebaut werden. Bei einem Flächenbedarf von 10’000 Quadratmetern pro Anlage würde damit eine Fläche von gut 50 Quadratkilometern in den Alpen benötigt – das ist mehr als die Hälfte des Zürichsees und über fünfhundertmal mehr als der Flächenbedarf des finnischen Kernkraftwerks.

Wie aber sieht es bei den Kosten aus? Die sehr hohen Investitionskosten von Olkiluoto 3, dessen Bauzeit sich immer mehr in die Länge zog, wurden letztlich auf elf Milliarden Euro geschätzt. Für AlpinSolar gibt die Axpo Kosten von 8 Millionen Schweizer Franken an. Mit den für den Ersatz von Olkiluoto 3 benötigten über 5000 AlpinSolar-Anlagen kämen also Gesamtkosten von 41 Milliarden Euro zusammen: Die Investitionskosten für die alpinen Solaranlagen lägen damit fast viermal höher als die Kosten für das teuerste europäische Kernkraftwerk!

Das ist aber noch nicht alles: Denn die Kosten für den Solarstrom würden zusätzlich um ein Mehrfaches steigen, wenn man berücksichtigt, dass Solaranlagen für eine Lebensdauer von dreissig Jahren ausgelegt sind, im Gegensatz zur Betriebszeit eines modernen Kernkraftwerks von achtzig Jahren. Und es kämen Kosten für Stromspeicher dazu, mit denen kurzfristige Tagesschwächen der Solaranlagen und ihr vollständiges Ausfallen in der Nacht kompensiert werden müssten. Und schliesslich würde noch der Netzausbau zu Buche schlagen, der die Einbindung der Anlagen ins Stromnetz gewährleistet.

Umdenken bei den Subventionen

Natürlich ist der hier beschriebene Vergleich rein hypothetisch. Denn es ist (hoffentlich) völlig ausgeschlossen, dass mehrere Tausend solcher Solaranlagen in unseren Alpen gebaut werden. Das bedeutet dann aber, dass der bei uns dringend benötigte Winterstrom, den ein grosses modernes Kernkraftwerk liefert, auf keinen Fall mit Solarpanels erzeugt werden kann. Denn würde dieser Strom auf Dächern im Mittelland erzeugt, entstünde zusätzlich eine grosse Winterstromlücke, deren Kompensationskosten nicht mehr zu bezahlen wären.

Und man erinnere sich: Die Axpo hat AlpinSolar erst gebaut, nachdem der Discounter Denner eine Garantie für die Stromabnahme während zwanzig Jahren versprochen hat – die Bundessubventionen von 640’000 Franken allein hätten nicht ausgereicht. Angesichts der zunehmend kritischen Stromversorgungslage im Winter täte die Schweiz gut daran, auch diejenige Stromquelle zu subventionieren, die in dieser Jahreszeit zuverlässigen Bandstrom liefern kann: die Kernenergie.

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