Der Originalbeitrag ist als „Schlumpfs Grafik 128“ im Online-Nebelspalter vom 14. Oktober 2024 zu lesen.
Unter den kohlenstoffarmen Technologien Wind-, Solar- und Kernkraft hat der Atomstrom den mit Abstand besten Ressourcen-Fussabdruck. Das heisst, Kernkraftwerke brauchen gegenüber Solar- und Windanlagen weniger Materialien, weniger kritische Mineralien und erzeugen weniger Bergbauabfälle. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des amerikanischen Think Tanks «Breakthrough-Institute», die im April dieses Jahres erschienen ist (siehe hier).
Was wichtig ist:
– Gemessen am Stromoutput ist der Materialbedarf eines Kernkraftwerks kleiner als derjenige von Solar- und vor allem von Windanlagen – und das, obwohl diese aufgeholt haben.
– Bei den kritischen Mineralien brauchen Kernkraftwerke sogar nur 8 bis 22 Prozent von dem, was Solar- und Windanlagen benötigen.
– Der Bergbau-Fussabdruck eines Kernkraftwerks liegt pro Stromeinheit bei 30 Prozent einer Solarfarm und bei 23 Prozent eines Onshore-Windparks.
Der Titel «Aktualisierter Bergbau-Fussabdruck und Rohmaterialbedarf für saubere Energie» (siehe hier) weist auf die zwei Hauptpunkte hin, die in der Studie behandelt werden: Einerseits geht es um den benötigten Materialbedarf für die Erzeugung von sauberem Strom, und andererseits um das Gestein aus dem Bergbau, das zur Gewinnung dieser Materialien benötigt wird.
Bei der Kernenergie werden diese Materialflüsse für drei verschiedene Reaktoren untersucht: Für den AP1000 von Westinghouse (siehe hier), den EPR von AREVA (siehe hier) und den BWRX-300 von Hitachi (siehe hier). Der AP1000 schneidet dabei immer am besten ab. Verglichen werden diese drei Kernreaktoren mit einer Solarfarm (Solar PV farm) sowie einem Windpark an Land (Onshore) und einem Windpark auf dem Meer (Offshore). Auf Offshore-Windanlagen gehe ich hier nicht ein, weil sie für die Schweiz keine Rolle spielen.
Vergleich der Materialintensität bei kohlenstoffarmen Energieträgern
Zuerst wird in der Studie nach dem Materialbedarf für sauberen Strom gefragt. Die folgende Grafik zeigt, welche Mengen von welchen Materialien bei den verschiedenen Energieerzeugern eingesetzt werden müssen, um eine Gigawattstunde Strom zu produzieren. Mit andern Worten: Wie gross ist die Materialintensität pro Gigawattstunde bei den einzelnen Stromerzeugern?

Die Grafik zeigt den Materialverbrauch in 27 Materialkategorien: Von unten nach oben sind das «Stahleisen» (iron in steel, dunkelblau), «Summe von Beton» (sum of concrete, orange) bis zu Zink und Uran (uranium, grau). Alle Werte sind in Kilogramm pro Gigawattstunde Strom angegeben. Mit den gestrichelten Linien bei den Kernkraftwerken wird der Wert angezeigt, der mit einer Arbeitsauslastung von 92 Prozent und einer Lebensdauer von 80 Jahren erreicht werden könnte.
Windräder brauchen siebenmal mehr Material als Kernkraftwerke
Interessant ist, dass sowohl Kernkraftwerke als auch Onshore-Windanlagen zu rund 98 Prozent aus Eisen und Beton bestehen, allerdings mit einem deutlich höheren Eisenanteil bei den Windkraftanlagen. In absoluten Zahlen brauchen die Windräder mit gut 7000 Kilogramm allerdings fünf- bis elfmal mehr Material als ein Kernkraftwerk.
Anders sieht die Materialzusammensetzung bei einer Solaranlage aus: Sie besteht zwar ebenfalls zu 61 Prozent aus Beton und vor allem Eisen, hat aber mit 19 Prozent PV-Abdeckglas (hellgrün) und 10 Prozent Aluminium (hellblau) noch weitere gewichtige Anteile. Mit einem Gesamtgewicht von 1809 Kilogramm braucht eine Solarfarm aber immer noch 1,3- bis 2,9-mal mehr Material als ein Kernkraftwerk.
Materialbedarf für Solarstrom ist stark gesunken
Der hier gezeigte Materialbedarf für Solarstrom weicht aber sehr stark von demjenigen ab, der im «Quadrennial Technology Review» des amerikanischen Department of Energy 2015 publiziert wurde, und der bis heute an vielen Stellen zitiert wurde – auch ich habe ihn in meinem Buch «Atomkraft – Das Tabu» (siehe hier) verwendet. Mit den gezeigten neuen Zahlen aus der hier besprochenen Studie sinkt der Materialbedarf von Solar gegenüber Atom aber massiv von 18-mal mehr auf zweimal mehr.
Kernkraftwerke brauchen viel weniger kritische Mineralien
Speziell untersucht wird im Bericht die Verwendung kritischer Mineralien, derjenigen Stoffe also, die knapp werden könnten. Die nächste Grafik zeigt für die gleichen Energieproduzenten den jeweiligen Kilogramm-Anteil an diesen kritischen Mineralien pro erzeugter Gigawattstunde Strom:

Die Grafik zeigt, dass Solarfarmen am meisten kritische Mineralien brauchen: Am Totalbedarf von insgesamt 239 Kilogramm hat Aluminium allein einen Anteil von 75 Prozent. Daneben werden grössere Anteile von Zink, Mangan, Nickel und Magnesium benötigt. Der Totalbedarf bei Onshore-Wind von 123 Kilogramm besteht vor allem aus Aluminium, Nickel, Mangan und Chrom. Der Anteil der Kernkraftwerke verglichen mit Solar und Wind schwankt zwischen acht Prozent (AP1000 zu Solar) und 22 Prozent (EPR zu Wind).
Entscheidend ist der Bergbau-Fussabdruck
Weil alle bisher quantifizierten Materialien aber zuerst aus den Rohstoffen des Bergbaus gewonnen werden müssen, muss eine Untersuchung über den Ressourcenbedarf von Energieträgern zwingend eine Bilanz eines solchen Bergbau-Fussabdrucks vorlegen. Die nächste Grafik zeigt diese Bergbauintensität pro Gigawattstunde Strom in Kilogramm Gestein:

Erst mit dieser Grafik, in der auch alle Bergbau-Abfälle mitgerechnet sind, zeigt sich die tatsächliche Umweltbelastung der untersuchten Energieträger. Im Vergleich zum reinen Materialbedarf von Grafik 1 verschieben sich die Verhältnisse zum Teil stark. Beispielsweise ist der Anteil des Urans in den Kernkraftwerken (grau oben) jetzt auf 29 Prozent angestiegen, in Grafik 1 machte Uran nur 0,2 Prozent aus. Dies bedeutet, dass beim Uranbergbau und der nachfolgenden Anreicherung sehr viele Abfälle entstehen.
Kernkraftwerke benötigen drei- bis sechsmal weniger Ressourcen als Wind und Solar
Ganz allgemein zeigt diese Grafik, dass der Anteil von Eisen und Beton, die bei der reinen Materialbetrachtung in Grafik 1 dominierenden waren, beim Bergbau-Fussabdruck deutlich zurückgeht, währenddem die Anteile von Kupfer (grau) und Nickel (hellblau) stark ansteigen. So wird zum Beispiel Kupfer bei den Solaranlagen zum dominierenden Verbrauchselement: mit 23’100 Kilogramm macht es gut die Hälfte des Bergbau-Fussabdrucks von Solar aus.
Mit einem Bergbau-Fussabdruck von 10’000 bis 13’600 Kilogramm bei den Kernkraftwerken und einem solchen von 45’300 Kilogramm bei Solar- und 59’500 Kilogramm bei Windanlagen, zeigt diese Gesamtbilanz der Umweltbelastung, dass Kernkraftwerke pro erzeugter Stromeinheit zwischen drei- bis sechsmal weniger Ressourcen verbrauchen als die neuen Erneuerbaren.
Fazit: Auch mit den aktuellsten Zahlen dieser neuen Studie schneiden Kernkraftwerke sowohl beim Material- als auch beim gesamten Ressourcenbedarf deutlich besser ab als Solarfarmen und Onshore-Windparks. Und dies ohne Berücksichtigung der Tatsache, dass nicht steuerbarer Grün-Strom ohne Netzanpassung, Speicher und Backup eigentlich nicht mit Atomstrom vergleichbar ist.
Ce que je ne comprends pas: le ratio matériaux par KWh produit devrait être fonction du taux de charge. Une éolienne de 5 MW à taux de charge 25% mobilisera plus de matériaux par KWh produit qu’une à 50%. La surproduction non stockable aggravera le bilan. Ce n’est pas clair dans le rapport de „breakthrough“
Die Studie verwendet durchschnittliche Auslastungsfaktoren. Diese hat sie aus den besten vorhandenen Quellen zusammengestellt – nach eigener Aussage. Ob das stimmt, kann ich nicht überprüfen.
Der Vergleich ist durchaus reizvoll, vor allem, wenn man in Betracht zieht, dass auf unseren Kartoffeläckern demnächst Uranknollen geerntet werden.
Les nodules d’uranium sont récoltées ailleurs, déja à l’extraction des terres rares: Baotou, région la plus radioactive aux monde. 1000 kg de terres rares par éolienne en mer.
Der Ressourcen-Verbrauch von AKW im Vergleich zu Wind- und Solaranlagen ist ja seit langem offensichtlich. Aber auch der „Flächen- oder Raumbedarf“ von
Solar- und Windanlagen ist gegenüber AKW unvergleichlich hoch. Dies spielt in der dicht besiedelten Schweiz eine grosse Rolle.